taz.de -- AfD-Vize greift die Kanzlerin an: Gauland und der NPD-Spruch
AfD-Vize Gauland hat auf einer Rede einen NPD-Slogan zur „Überfremdung“ genutzt, Merkel nannte er eine Diktatorin. Seine Partei sinkt in den Wahlumfragen.
Berlin dpa/rtr | Der AfD-Vizevorsitzende Alexander Gauland hat mit einem Slogan der rechtsextremen NPD die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Gauland berief sich bei einer Rede im brandenburgischen Elsterwerda mehrmals zustimmend auf den Satz: „Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land.“
In einem Video der Rede vom Donnerstag, das auf Youtube veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie Gauland den Slogan von einem Schild abliest, das ein Zuhörer hochhält. Diese Parole ist laut bayerischem Verfassungsschutz gleichlautend in der Vergangenheit von der rechtsradikalen NPD benutzt worden und gehört zu „typischen Redemustern der rechtsextremistischen Szene“. Über Gaulands Äußerungen berichtete zuerst die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Gauland bezeichnete Merkel als „Kanzlerin-Diktarorin“. Er warf den Parteien im Bundestag vor, sie verträten „eine Politik der menschlichen Überflutung“. Es handele sich um den „Versuch, das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommene Bevölkerung“.
Gauland ging auch erneut auf seine umstrittene Äußerung zum Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng ein. Er habe „etwas Richtiges gesagt, aber ein falsches Beispiel gewählt“, sagte der AfD-Vize. Vor einer Woche hatte er einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, als er sagte: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
Im Spiegel setzte er dagegen noch einen drauf: „Eine deutsche oder eine englische Fußballnationalmannschaft sind schon lange nicht mehr deutsch oder englisch im klassischen Sinne.“ Der Profifußball sei „keine Frage der nationalen Identität mehr“.
Unterdessen sank die AfD nach Gaulands Aussagen in den Umfragen. Im Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die Bild am Sonntag verliert die AfD zwei Punkte und kommt auf zwölf Prozent. Jeweils einen Zähler zulegen können SPD mit 22 Prozent und Grüne mit 13 Prozent. Die Union kommt wie in der Vorwoche auf 33 Prozent. Ebenfalls unverändert bleiben Linke mit neun Prozent und FDP mit sechs Prozent.
5 Jun 2016
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