taz.de -- Kommentar AfD-Gauland und die „FAS“: Ja. Nein. Doch. Oh!

Erst ein Statement raushauen, dann fangen andere aus der AfD es wieder ein. Bei diesem Spiel der Populisten helfen viele Medien mit ihrem Alarmismus.
Bild: Die AfD macht den Mund auf und die Medien spielen es groß

Wie umgehen mit der Alternative für Deutschland (AfD)? Das scheint momentan so etwas wie die Leitfrage allen öffentlichen Handelns zu sein. Die Kollegen von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung haben sich für folgenden Weg entschieden: AfD-Vize Alexander Gauland erzählte ihnen, dass „die Leute“ den Nationalspieler Jérôme Boateng „nicht als Nachbarn haben“ wollten. Das schrieben sie sofort auf, befragten noch die Nachbarn Boatengs und den DFB-Präsidenten.

Die Empörung war und ist natürlich groß. Alle widersprachen. Auch die AfD selbst. In Person von Frauke Petry. Die Parteivorsitzende äußerte sich gegenüber mehreren Medien: „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der bereits jetzt entstanden ist.“ Gauland selbst sagte, dass er nur „die Einstellung mancher Menschen beschrieben“ habe.

Es ist das alte Über-Bande-Spiel der Populisten: Erst etwas raushauen, dann fangen andere aus der Partei es wieder ein, und der es gesagt hat, relativiert das Ganze selbst auch noch ein bisschen. Das hat Methode. So lief es schon, als Petry den Schusswaffengebrauch an der Grenze befürwortete – und damals Gauland sich gegen sie stellte.

Diese Masche verfängt. Denn so holt die AfD alle ab: die, die tatsächlich denken, dass Boateng nicht ihr Nachbar sein sollte; die, die „Lügenpresse“ brüllen und sich von den Medien verfolgt fühlen; und jene, die die AfD als Opfer sehen – missverstanden und an den Pranger gestellt.

Viele Medien helfen mit ihrem Alarmismus den Populisten bei diesem Spiel, das am Ende immer die AfD gewinnt. Leider.

30 May 2016

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Jürn Kruse

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