taz.de -- Das war die Woche in Berlin II: Ein Anfang aus der Mitte heraus

Aktivisten protestieren am Stadtschloss gegen Mietsteigerungen. Es könnte ein Anfang sein, dieses Thema wieder stark zu machen.
Bild: Klare Botschaft an die Immobilienwirtschaft: Proteste vorm Stadtschloss

Man könnte daraus fast eine Regel Berliner Bewegungen ableiten: Ob Naziaufmarsch oder Bauprojekt – wenn’s in Mitte passiert, interessiert’s keinen. Während jede Dreimannkundgebung der NPD, jeder sanierte Balkon in Kreuzberg oder Friedrichshain von lautem Getöse begleitet wird, schweigt sich die antifaschistische oder stadtpolitische Szene zu regelmäßigen Naziaufmärschen oder millionenteuren Bauprojekten ausgerechnet im Stadtzentrum gerne aus.

Insofern war es aus bewegungspolitischer Sicht höchste Zeit für die Aktionen am Mittwoch dieser Woche, als AktivistInnen mit einer Kundgebung vor dem Stadtschloss gleichzeitig gegen den 590 Millionen Euro teuren Bau, gegen den dort stattfindenden Tag der deutschen Immobilienwirtschaft und für mehr günstigen Wohnraum protestierten.

Einerseits kommen die AktivistInnen damit natürlich zu spät. Das Richtfest für den Schlosswiederaufbau wurde bereits vergangenes Jahr gefeiert; dass das Gebäude nicht mehr zu verhindern ist, dürfte jedem klar sein, der den monumental an der Spree thronenden Rohbau schon einmal gesehen hat. Andererseits kommen die Aktionen auch genau richtig: Denn das Wohnen, das ist klar, wird eines der bestimmenden Themen des jetzt beginnenden Wahlkampfs sein.

So ergeben sich Chancen, aber auch Fallstricke für die außerparlamentarische Linke in Berlin. Der Mietenvolksentscheid wurde nach einer Einigung mit dem Senat beendet – ein Erfolg für die MieterInnen, aber gleichzeitig auch der Verlust eines wichtigen Mittels gegen die Wohnungspolitik der Koalition.

Gleichzeitig überbieten sich die Oppositionsparteien ihrerseits mit Forderungen nach günstigem Wohnraum. „Wir bleiben alle“, twitterte der Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer, am Mittwochabend über die Aktion vor dem Stadtschloss – ein schönes Beispiel dafür, wie sich Parteien außerparlamentarische Parolen zu eigen machen, wenn das erfolgversprechend scheint.

Die Lehre aus dem Mietenvolksentscheid ist: Auf keinem Feld können außerparlamentarische Initiativen so viel Druck aufbauen wie in der Wohnungspolitik. Ob sie das im Wahlkampf auch nutzen werden, wird sich zeigen – die Aktionen in dieser Woche waren dafür ein kleiner Anfang.

11 Jun 2016

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Malene Gürgen

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