taz.de -- Brasilianische Präsidentin Rousseff: Amtsenthebung doch nicht gestoppt

Parlamentspräsident Maranhão hat seinen Widerstand gegen die Amtsenthebung der Staatschefin aufgegeben. Der Senat stimmt am Mittwoch über ihr Schicksal ab.
Bild: Weg vom Fenster, wieder da, wieder weg: Dilma Rousseff

Rio de Janeiro afp | Neue Wendung im Streit um die Amtsenthebung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff: Der Übergangspräsident des Abgeordnetenhauses, Waldir Maranhão, hat seinen Widerstand gegen das Verfahren zur Entmachtung der Staatschefin aufgegeben. Er habe seine „Entscheidung zurückgenommen“, die Mitte April im Abgeordnetenhaus erfolgte Zustimmung für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff für ungültig zu erklären, teilte Maranhão am Dienstag mit.

Maranhãos überraschende Maßnahme hatte am Montag für weitere Verwirrung in dem monatelangen Streit über die Zukunft der Staatschefin gesorgt. Er ordnete eine Wiederholung der Beratungen im Abgeordnetenhaus an, da diese durch eine „Vorverurteilung“ der Präsidentin gekennzeichnet gewesen seien.

Senatspräsident Renan Calheiros kündigte aber bereits wenige Stunden nach Maranhãos Erklärung an, dass er dessen „absolut unangebrachte“ Anweisung ignorieren und an der für Mittwoch geplanten Abstimmung über das Amtsenthebungsverfahren im Senat festhalten werde.

Stimmt das Oberhaus für ein Amtsenthebungsverfahren, würde Rousseffs Stellvertreter Michel Temer für bis zu 180 Tage die Amtsgeschäfte übernehmen. Am Ende des Verfahrens muss dann der Senat mit zwei Dritteln erneut für Rousseffs Amtsenthebung stimmen, sonst kehrt sie in ihr Amt zurück.

Der brasilianischen Staatschefin wird Korruption im Zusammenhang mit dem Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras zur Last gelegt. Sie soll zudem Haushaltszahlen geschönt haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Die Politikerin der gemäßigt linken Arbeiterpartei sieht sich selbst als Opfer einer „Verschwörung“ und wirft ihren Gegnern einen „Putsch“ vor.

10 May 2016

TAGS

Brasilien
Dilma Rousseff
Amtsenthebung
Brasilien
Brasilien
Brasilien
Dilma Rousseff
Brasilien
Brasilien
Brasilien

ARTIKEL ZUM THEMA

Krise in Brasilien: Brasilien wird neoliberal

Das südamerikanische Land steht vor einer Zeitenwende. Die Amtsenthebung von Präsidentin Rousseff kommt, der Neue will Renten und Löhne kürzen.

Krise in Brasilien: „Alle haben die Schnauze voll“

Die Präsidentin ist unbeliebt, der mögliche Nachfolger ist es auch. Das Land ist gespalten, die Situation überfordert sogar die Stammtische.

Brasilianische Präsidentin Rousseff: Amtsenthebung vorerst gestoppt

Zurück auf Los: Das Ergebnis der Parlamentsabstimmung von Mitte April ist wegen „Vorverurteilung“ der Präsidentin aufgehoben.

Korruption in Brasilien: Roussef und Lula unter Verdacht

Neben dem Amtsenthebungsverfahren hat Brasiliens Präsidentin jetzt auch noch den Staatsanwalt am Hals – wie viele andere hochrangige Politiker auch.

Korruption in Brasilien: Ermittlungen gegen Oppositionsführer

Nicht nur die Präsidentin, auch ihr Gegenspieler Aécio Neves steht unter Korruptionsverdacht. Er soll Geld gewaschen und öffentliche Gelder veruntreut haben.

Politik-Seifenoper in Brasilien: House of Carnival

Brasilianer brauchen keine TV-Serien wie „House of Cards“ – sie haben die reale Politik. Eine wahre Geschichte in drei Staffeln.

Regierungskrise in Brasilien: Archaische politische Kultur

Anpassung, Wirtschaftskrise, Korruption: Warum Lulas Arbeiterpartei gerade weggeputscht wird und was sie selbst dazu beigetragen hat.