taz.de -- Myanmar-Workshop der taz Akademie: „Ich wusste nur, dass ich wegwollte“

Zu Tausenden fliehen muslimische Rohingya aus Myanmar. Ein 12-Jähriger, dem die Flucht übers Meer nach Indonesien geglückt ist, erzählt seine Geschichte.
Bild: Rohingya-Kinder in einem Camp nahe Sittwe im Westen Myanmars

Auf einmal war es zu spät, eine Rückkehr unmöglich: Das Bootstach in See, und der zwölfjährige Hussein Ahmed hockte, mit den Knien an die Brust gepresst an andere schwitzende Leiber, mit Hunderten anderen Rohingyas im Laderaum – ohne zu wissen, was die Zukunft bringen würde. Schlepper hatten für ihn umgerechnet 77 Euro an Menschenhändler an Land gezahlt.

Nachdem sein Vater vor drei Jahren starb, waren er und seine Familie in ein Camp in Ohn Taw Gyi außerhalb von Sittwe, der Hauptstadt des südwestbirmesischen Staates Rakhaing, gezogen. „Menschenhändler überredeten mich und vier andere Jungen, aus dem Dorf in das Boot zu steigen“, sagt Ahmed. „Ich wusste nicht, was passieren würde, ich wusste nur, dass ich wegwollte aus dieser verzweifelten Lage.“ Seine Mutter erfuhr erst später, wozu er sich entschlossen hatte.

Die Rohingya fliehen seit Jahrzehnten aus dem überwiegend buddhistischen Myanmar. Ahmed und seine Familie waren gezwungen worden, ihr Haus in der Stadt zu verlassen. Buddhistische Bewohner des Unionsstaats Rakhaing brannten 2012 das Gebäude und die vieler anderer Muslime nieder.

Bemerkenswert daran ist: Erst als das Land sich von Diktatur Richtung Demokratie bewegte und Meinungen wieder frei geäußert werden durften, war der Hass der Buddhisten gegen die muslimische Minderheit ausgebrochen.

Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen

Die Spannungen zwischen buddhistischen Rakhine und muslimischen Rohingya führten im Juni 2012 zu gewaltsamen Ausbrüchen mit mehr als 200 Toten. 140.000 Rohingya wurden gezwungen, in Lager außerhalb Sittwes zu fliehen.

Die Rohingya sind unerwünscht und ihnen wird die Staatsbürgerschaft verweigert. Myanmars Außenminister bestreitet vehement, die Rohingya würden vor Verfolgung fliehen. Sie seien lediglich Opfer von Menschenhändlern.

Die Zahl der Flüchtlinge ist angestiegen. Sie versuchen vor allem nach Malaysia und Indonesien zu gelangen, wo sie sich Sicherheit erhoffen. Ahmeds Schiff ankerte rund vier Monate vor der Küste Malaysias. Er bekam zweimal am Tag eine Handvoll Reis und einen Becher Wasser. Malaysias Marine drängte das Holzboot wieder aufs Meer hinaus. Schließlich fanden es indonesische Fischer und brachten die Insassen in Aceh auf Sumatra an Land. Für Ahmed war die Erleichterung groß. Endlich konnte er sich wieder ausstrecken und mehr essen.

„Kein Land will uns aufnehmen, weil wir Rohingya sind“, sagt er in dem Lager. „Ich weiß nicht, was wir hier tun können, aber eines weiß ich: Ich muss erwachsen werden und mich um mich selbst kümmern.“

19 Apr 2016

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Htu San

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