taz.de -- Kommentar SPD und TTIP: Was muss denn noch passieren?

Wenn die Sozialdemokraten ihre Position ernst meinen, dann ist jetzt der Zeitpunkt, aus den TTIP-Verhandlungen auszusteigen.
Bild: Was sich der SPD-Chef davon verspricht, einen aussichtslosen Kampf für ein aus guten Gründen unpopuläres Handelsabkommen weiter zu führen, ist mehr denn je ein Rätsel

Wirklich freuen dürften sich die Kritiker des Freihandelsabkommens TTIP nicht über das, was nun in den – bisher geheimen – Verhandlungsdokumenten zu lesen ist. Aber eine gewisse Genugtuung verspüren sie vermutlich schon. Denn die zentrale Erkenntnis aus den Papieren lautet: Alle Befürchtungen der TTIP-Gegner sind berechtigt.

Die USA drängen tatsächlich darauf, das europäische Vorsorgeprinzip zu beenden, durch das potenziell gefährliche Produkte verboten werden können. Sie wollen wirklich schon im Vorfeld Einfluss auf EU-Gesetze nehmen. Und über die europäischen Forderungen, dass Schiedsgerichte nicht privat sein dürfen und eine Berufungsinstanz haben müssen, haben sie bisher nicht mal verhandelt.

Sämtliche „roten Linien“, die die SPD bei TTIP aufgestellt hat, werden damit von den USA nicht nur übertreten, sondern quasi ausradiert. Wenn die Partei weiter auf Einigung setzt, muss sie daran glauben, dass die USA in sämtlichen relevanten Fragen ihre Position revidieren werden. Doch das wird niemals geschehen.

Wenn die Sozialdemokraten ihre Position ernst meinen, dann ist jetzt der Zeitpunkt, aus den Verhandlungen auszusteigen. Was, so fragt man sich, muss eigentlich noch passieren? Doch während diese Forderung an der Parteibasis überaus populär ist und auch einzelne Personen aus der Parteiführung zunehmend auf Distanz zu TTIP gehen, setzt das von Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium weiter auf das Abkommen.

Was sich der SPD-Chef davon verspricht, einen aussichtslosen Kampf für ein aus guten Gründen unpopuläres Handelsabkommen weiter zu führen, ist mehr denn je ein Rätsel. Doch noch gibt es Hoffnung auf Vernunft. Denn plötzliche Meinungsumschwünge waren für Gabriel noch nie ein Problem. Und spätestens im Wahlkampf muss sich der SPD-Chef wieder stärker an der Stimmung der Bevölkerung orientieren als allein am Bundesverband der Deutschen Industrie.

2 May 2016

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Malte Kreutzfeldt

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