taz.de -- Gesellige Raubfische: Der Hai als guter Kumpel
Raubfische wie der Tigerhai verhalten sich innerhalb ihrer Art ähnlich sozial wie Delfine. Auch sie haben einen Freundeskreis.
Das Image des Hais taugt nicht gerade für den Friedensnobelpreis. Er gilt als blutrünstiger Einzelgänger, der bei Bedarf auch über seine Artgenossen herfällt. Doch eine amerikanische Studie bringt nun dieses Bild ins Wanken. Demnach hat der Hai ähnliche soziale Strukturen wie Delfine und andere hoch entwickelte Säugetiere.
Ein Forscherteam der University of Delaware klebte mehr als 300 Sandtigerhaien Sensoren auf den Rücken, um ein Jahr lang deren Bewegungen aufzuzeichnen. Von Vertretern dieser Hai-Spezies weiß man zwar schon länger, dass sie sich im Sommer in den flachen Küstengebieten der nordamerikanischen Ostküste sammeln, doch was sie den Rest des Jahres machen, war bis dahin unbekannt.
Die Auswertung der Bewegungsdaten zeigte: Die Haie kommen auch außerhalb des Sommers in Gruppen zusammen. Diese wechseln zwar immer wieder in ihrer Zusammensetzung, doch einige Haie bleiben auch länger beieinander. Zwei von ihnen wurden von den Forschern näher untersucht, und würde man deren Kontakte auf ein soziales Netzwerk wie Facebook übertragen, ergäbe sich folgendes Profil: 7 bis 17 enge Kumpel, mit denen man sich mehr als 20-mal im Jahr trifft, und dann noch 170 bis 200 lockere Freundschaften mit Artgenossen, die nur zu bestimmten Zeiten intensiviert werden, um gemeinsam auf Jagd zu gehen.
Studienleiterin Danielle Haulsee betont, dass man solch ein komplexes Sozialverhalten bisher nur für „smarte“ Säugetiere erwartet hat, wie etwa für Delfine, Elefanten und Schimpansen. „Doch unsere Studie zeigt, dass man es auch für Nichtsäuger keineswegs ausschließen sollte“, so die Ozeanografin.
Als Einzelgänger unterwegs
Allerdings machen die Sandtigerhaie im Februar und März ihrem Ruf doch wieder alle Ehre. Dann sondern sie sich ab und werden zu Einzelgängern, die ohne Kontakte durch den Ozean ziehen. Haulsee vermutet, dass dieses Verhalten den äußeren Umständen geschuldet ist: „Das Leben in der Gruppe bietet Schutz und Informationen. Aber wenn der Wettstreit um Futter oder Sexualpartner zu eskalieren droht, kann es sinnvoller sein, das Glück allein zu suchen.“
Haulsee geht es vor allem darum, den Bestand der Sandtigerhaie zu sichern. Denn deren Population hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen. „Wenn wir wissen, wie sie sich in bestimmten Phasen gruppieren, können wir sie besser schützen“, so die Meeresforscherin. So könne man beispielsweise gezielt einen Ring aus Bojen und Booten rund um schwangere Haiweibchen ziehen, wenn man deren Standort kenne. Nicht etwa, um sie vor anderen Fischen zu schützen, denn mit drei Meter Länge hat der Sandtigerhai da nicht viel zu befürchten.
Aber die Menschen machen ihm zu schaffen, weil sie ihn mit dem berüchtigten Tigerhai verwechseln und fälschlicherweise eliminieren, um die Strände zu schützen. Und in Japan gilt das Fleisch des Sandtigerhais als Delikatesse.
11 Apr 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Südbrasilien gibt es Fischer*innen, die mit Delfinen gemeinsam jagen. Biolog*innen haben untersucht, wie diese Zusammenarbeit funktioniert.
Die Weltartenkonferenz hat beschlossen, 60 Haiarten unter internationalen Schutz zu stellen. Doch Expert:innen geht das nicht weit genug.
Jürgen Lange war 30 Jahre Direktor des Berliner Aquariums. Warum ihn die Unterwasserwelt auch im Ruhestand nicht loslässt, erklärt er im taz-Gespräch.
Im Südpazifik hat der Bremer Tom Vierus erforscht und per Kamera dokumentiert, wie aus kleinen Haien große werden. Seine Fotos wurden nun prämiert.
Große ausländische Fischfangschiffe räubern das Meer. Die Bewohner der Südseeinsel Palau wollen das nicht länger dulden.
Fast jede dritte Spezies in Nord- und Ostsee ist gefährdet. Hauptursachen sind Grundschleppnetze, Abwässer und Überdüngung, berichtet das Bundesamt für Naturschutz.
Das größte Korallenriff der Welt könnte zum bedrohten Weltnaturerbe erklärt werden. Die Unesco kündigte diese Maßnahme wegen eines Hafenausbaus an.
Walhaie tummeln sich vorm Küstenort Donsol. Besucher dürfen mit den größten Fischen der Welt schwimmen. Eine Herausforderung für den WWF