taz.de -- Konflikt in Berg-Karabach: Streit um den „schwarzen Garten“
Seit 100 Jahren bekämpfen sich christliche Armenier und ihre muslimischen Nachbarn. Moskau und Washington könnten darauf Einfluss nehmen.
Moskau taz | „Gott hat Karabach erschaffen, um den Menschen zu zeigen, wie das wahre Paradies aussieht.“ Davon sind viele Einwohner dieser Gebirgsregion fest überzeugt. Karabach heißt auf Deutsch „schwarzer Garten“. Die Armenier, die in den letzten 200 Jahren diesen idyllischen Gebirgsflecken mehrheitlich bewohnten, nennen ihn Arzach.
Doch trotz der landschaftlichen Idylle und den würzigen Aromen der Bergwelt kommt die armenische Enklave seit etwa 100 Jahren nicht zur Ruhe: Regelmäßig brechen Konflikte zwischen den christlichen Armeniern und den Aseris in Aserbaidschan aus, ihren muslimischen Nachbarn.
In den 1920er Jahren schlug Moskau Berg-Karabach der Sowjetrepublik Aserbaidschan zu. Damals lebten mehr als 90 Prozent Armenier in Karabach. Kurz darauf verlieh Moskau dem Gebiet noch den Status einer autonomen Region innerhalb der Republik Aserbaidschan. Was nach außen hin wie eine gerechtere Nationalitätenpolitik aussah, wirkte nach innen wie ein permanenter Spaltpilz.
So auch 1988. Diesmal brach der Konflikt mit einer Gewalt aus, die Armenien und Aserbaidschan erfasste. Auf beiden Seiten fielen Menschen Pogromen zum Opfer. 1991 erklärte sich die Republik Karabach für unabhängig. Doch kein Staat der internationalen Gemeinschaft erkannte das neue Gebilde an. Auch Moskau verweigerte ihm die Souveränität.
30.000 Tote, eine Million Vertriebene
Es folgte ein erbitterter Krieg, der an die 30.000 Todesopfer forderte und mehr als eine Million Menschen aus ihrer Heimat vertrieb. Russland vermittelte 1994 einen Waffenstillstand. Berg-Karabach blieb aber unter eigener Verwaltung. Auch einige aserbaidschanische Gebiete im Grenzgebiet halten armenische Separatisten heute noch besetzt. Berg-Karabach wurde zu einem der ersten eingefrorenen Konflikte auf dem Territorium der Post-Sowjetunion.
Ohne die Hilfe des Mutterlands Armenien wäre die nicht anerkannte Republik kaum lebensfähig. Eriwan liefert Waffen und Munition und bestreitet den Haushalt der Bergrepublik. Armenien zählt zu den letzten Verbündeten Moskaus im südlichen Kaukasus. Allerdings kriselt es seit dem russischen Ukrainekrieg auch in Moskaus Beziehungen zu Eriwan.
Die Entwicklungen überwacht seit 1994 eine Minsker Gruppe der OSZE, der Russland, die USA und Frankreich angehören. Sie büßte seither aber an Bedeutung ein und sei nur noch ein organisatorisches Gremium, meint der Kaukasus-Experte Thomas des Waal. Einfluss könnten nur Washington und Moskau direkt ausüben.
3 Apr 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die OSZE schließt ihr Büro in Jerewan, den letzten Standort im Südkaukasus. Der Grund ist ein Nein Aserbaidschans zu einer Mandatsverlängerung.
Der Konflikt um Berg-Karabach schwelt weiter. Narine Aghabaljan, Kulturministerin des Zwergstaates, glaubt dennoch an die Kraft von Kunst.
Nachdem der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan eskaliert war, schweigen die Waffen wieder. Armenien fordert internationale Hilfe.
Die Menschen in Eriwan, der Hauptstadt Armeniens, stehen Schlange, um Blut zu spenden. Doch es gibt keine Spur von Kriegsbegeisterung.
Die armenische Besetzung hält nur durch russische Unterstützung. Doch Aserbaidschan erhält Hilfe von der Türkei. Die Lage darf nicht eskalieren.
Das Land will die Kämpfe einseitig einstellen. Aserbaischan reagiert damit auf internationale Bitten. Erdoğan hat Unterstützung zugesichert.
Bei Kämpfen in Berg-Karabach sind mindestens 30 Soldaten sowie Zivilisten getötet worden. Russland, USA und UN warnen vor weiterer Eskalation.