taz.de -- Kommentar Berg-Karabach: Alte Konflikte, neue Kämpfe

Die armenische Besetzung hält nur durch russische Unterstützung. Doch Aserbaidschan erhält Hilfe von der Türkei. Die Lage darf nicht eskalieren.
Bild: Fruchtbares Land, um das gestritten wird: Berg-Karabach

Erneut droht der Konflikt um Berg-Karabach zu eskalieren. Derzeit erlebt die Region die stärksten Kämpfe seit Abschluss eines Waffenstillstandes im Mai 1994. Einiges spricht dafür, dass dieses Mal die Gewalt von Aserbaidschan ausgegangen ist. So betonte der aserbaidschanische Botschafter in Moskau, Polad Bülbüloğlu,am Wochenende, Aserbaidschan habe ein Recht auf eine militärische Lösung des Konfliktes, solange sich armenische Soldaten auf aserbaidschanischem Territorium befänden.

Trotzdem macht es keinen Sinn, Aserbaidschan einseitig zu verurteilen: Jeder Konflikt hat eine Geschichte und jede Geschichte hat eine Vorgeschichte. Armenien, so die offizielle aserbaidschanische Version, hat 21 Prozent aserbaischanischen Gebietes besetzt. Die Armenier kontrollieren neben Berg-Karabach auch noch fünf weitere Regionen Aserbaidschans, die sie als lebenswichtigen Korridor von Armenien nach Berg-Karabach ansehen. Diese Okkupation ist völkerrechtswidrig. Und solange diese Besatzung anhält, ist ein Versuch Aserbaidschans, den Konflikt militärisch zu lösen, nie ausgeschlossen. Möglich ist die Besatzung nur, weil Armeniens Schutzmacht Russland diese Besatzung stillschweigend mitträgt.

Längst hat Aserbaidschan seine militärische Unterlegenheit gegenüber dem Intimfeind Armenien aufgeholt. Und es hat einen neuen Bündnispartner, der Aserbaidschan auch militärisch zur Seite stehen könnte: die Türkei. Die armenischen Grenzen werden von russischen Grenzsoldaten geschützt. Bei einem neuen Krieg um Berg-Karabach könnten sich somit russische und türkische Soldaten gegenüberstehen.

Die internationale Staatengemeinschaft muss die Okkupation mehrerer aserbaidschanischer Regionen durch Armenien verurteilen. Und sie muss gleichzeitig Aserbaidschan klarmachen, dass es kein Recht hat, in dieser explosiven Region einen neuen Krieg vom Zaun zu brechen.

3 Apr 2016

AUTOREN

Bernhard Clasen

TAGS

Schwerpunkt Bergkarabach
Armenien
Aserbaidschan
Russland
Schwerpunkt Türkei
Armenien
Armenien
Schwerpunkt Bergkarabach
Schwerpunkt Bergkarabach
Aserbaidschan
Leila Junus

ARTIKEL ZUM THEMA

Waffenruhe für Berg-Karabach vereinbart: Durchatmen im Südkaukasus

Nachdem der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan eskaliert war, schweigen die Waffen wieder. Armenien fordert internationale Hilfe.

Kämpfe in Berg-Karabach: Blut spenden für den Frieden

Die Menschen in Eriwan, der Hauptstadt Armeniens, stehen Schlange, um Blut zu spenden. Doch es gibt keine Spur von Kriegsbegeisterung.

Konflikt in Berg-Karabach: Streit um den „schwarzen Garten“

Seit 100 Jahren bekämpfen sich christliche Armenier und ihre muslimischen Nachbarn. Moskau und Washington könnten darauf Einfluss nehmen.

Kämpfe in Berg-Karabach: Aserbaidschan plant Feuerpause

Das Land will die Kämpfe einseitig einstellen. Aserbaischan reagiert damit auf internationale Bitten. Erdoğan hat Unterstützung zugesichert.

Grenze von Aserbaidschan zu Armenien: Dutzende Tote bei Kämpfen

Bei Kämpfen in Berg-Karabach sind mindestens 30 Soldaten sowie Zivilisten getötet worden. Russland, USA und UN warnen vor weiterer Eskalation.

Opposition in Aserbaidschan: Leila Junus ist wieder frei

Die Menschenrechtsaktivistin darf das Gefängnis verlassen – wegen gesundheitlicher Probleme. Eine Klage wegen Hochverrats ist weiter anhängig.