taz.de -- Forderung der Verbraucherzentralen: Wegwerfverbot für Lebensmittel
In Frankreich ist es schon Gesetz, jetzt fordern die Verbraucherzentralen auch für Deutschland: unverkaufte Nahrungsmittel spenden oder verarbeiten.
Berlin dpa | Supermärkte sollten unverkaufte Lebensmittel aus Sicht der Verbraucherzentralen nicht mehr wegwerfen dürfen. Eine gesetzliche Regelung, wie sie in Frankreich gerade beschlossen wurde, sei doch sinnvoll, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Viele Händler und Caterer in Deutschland spendeten bereits nicht mehr verkaufbare Lebensmittel an Tafeln. „Eine gesetzliche Pflicht würde also die schwarzen Schafe treffen, die das bisher noch nicht freiwillig machen.“
In Frankreich müssen Händler nach einem Anfang Februar beschlossenen Gesetz unverkaufte Nahrungsmittel spenden, verarbeiten, als Tierfutter verwenden oder kompostieren. Die Bundesregierung plant ein solches Wegwerf-Verbot nicht, wie das Ernährungsministerium bereits mitgeteilt hatte.
Die Grünen-Expertin Nicole Maisch kritisierte, Minister Christian Schmidt (CSU) richte sich „einzig und allein an die Verbraucher“. Dagegen habe die Regierung in Frankreich erkannt, dass für weniger Lebensmittelverschwendung politische Maßnahmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette notwendig seien. Der Bundestag fordere seit Jahren verbindliche Zielvereinbarungen mit der Wirtschaft. „Das muss der Minister endlich anpacken.“
In Deutschland landen nach einer 2012 vorgestellten [1][Studie] im Auftrag des Ministeriums pro Jahr elf Millionen Tonnen Nahrung von Verbrauchern, Handel, Industrie und Gastronomie im Müll. Davon stammen demnach 550.000 Tonnen aus dem Handel. Auf private Haushalte entfallen 6,7 Millionen Tonnen.
Handel: Keine Zwangsverpflichtung
Der Handel hält ein Gesetz nach Vorbild Frankreichs für unnötig. Die Branche gehöre seit langem zu den größten Unterstützern der mehr als 900 lokalen Tafel-Organisationen, erklärte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Die Unternehmen engagierten sich aus freien Stücken, weil sie wüssten, dass ihre Spenden überschüssiger, qualitativ einwandfreier Nahrungsmittel einem guten Zweck dienten. „Die Zwangsverpflichtung per Gesetz käme einer Geringschätzung dieses Einsatzes gleich.“
Schon aus wirtschaftlichen Aspekten gebe es ein Eigeninteresse, Verluste so gering wie möglich zu halten. Daher investierten Unternehmen etwa in Prognosesysteme und bestellten kleinere Mengen. Aktionen und Preisreduzierungen seien Instrumente, um leichter verderbliche Produkte rechtzeitig zu verkaufen. Was sich trotz allem nicht für Verkauf oder Weiterverarbeitung eigne, werde über Biotonnen zur Kompostierung gebracht.
Verbraucherschützer Müller betonte: „Wie der Handel stehen auch Landwirte, Lebensmittelindustrie und die Verbraucher in der Pflicht.“ Nötig seien etwa auch verständlichere Angaben beim Mindesthaltbarkeitsdatum, ein Verzicht auf ausschließlich große Packungen und günstige Angebote von Lebensmitteln mit Schönheitsfehlern. „Eine Renaissance der Kochkultur, vor allem an Schulen, wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Denn Kochen schafft Wertschätzung für Lebensmittel“, sagte der vzbv-Chef.
14 Feb 2016
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