taz.de -- Kritik am „A2-Plan“: Klöckner und die „Schamfrist“

Gabriel und Steinmeier kritisieren Klöckners „A2-Plan“. Aber die CDU-Vize glaubt, dass ihre Ideen nach einer „gewissen Schamfrist“ übernommen werden.
Bild: Ist Klöckners „A2-Plan“ nur eine Wahlkampfmaßnahme?

Berlin/Düsseldorf/Reutlingen dpa/afp | SPD-Chef Sigmar Gabriel hat seine Kritik an den Vorschlägen von CDU-Vize Julia Klöckner zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen verschärft. Die Ideen der rheinland-pfälzischen CDU-Spitzenkandidatin stünden den gemeinsamen Plänen von Union und SPD in der Bundesregierung diametral entgegen. „Mehr noch: Die Vorschläge von Frau Klöckner sind geeignet, alle Fortschritte mit der Türkei zunichtezumachen“, sagte der Vizekanzler der Rheinischen Post.

Gabriel spielte damit auf Klöckners Idee tagesaktueller Kontingente für Flüchtlinge an. Aus seiner Sicht werde die Türkei die Schlepperbanden nicht stoppen, wenn es keine verlässlichen Flüchtlingskontingente für Europa und Deutschland gebe. Der SPD-Vorsitzende schloss zudem aus, dass es die von Klöckner angeregten Grenzzentren geben werde.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hält die jüngsten Vorschläge Klöckners für wenig hilfreich. Die Ideen, wie etwa die Einrichtung sogenannter Grenzzentren an Deutschlands Außengrenzen, seien schon vor Monaten diskutiert und verworfen worden, sagte Steinmeier dem Reutlinger General-Anzeiger vom Dienstag. Klöckner versuche, mit alten Vorschlägen ihren „schwächelnden Wahlkampf“ wiederzubeleben, mutmaßte Steinmeier.

Die von Klöckner vorgeschlagenen Kontingente zur Verteilung von Asylbewerbern innerhalb Deutschlands seien nur sinnvoll, wenn zunächst die Zahl eintreffender Menschen verringert werde. Dieses Ziel verfolgten die beiden von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Asylpakete bereits. Klöckners Vorschläge erinnerten an Österreichs Unsicherheit bei der Einführung einer Obergrenze. Dort habe die Regierung erst Ankündigungen gemacht und dann ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

Steinmeier betonte, die Sicherung und das Management der EU-Außengrenzen hätten oberste Priorität. „Wir müssen wissen, wer nach Europa kommt und wie viele“, sagte er. Wichtig sei daher eine Stärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Denn sonst sei auch der Fortbestand des Schengen-Raums gefährdet. Eine reine Grenzschließung lehnte der Minister hingegen ab. Diese würde Europa insgesamt und Deutschland insbesondere wirtschaftlich schwächen.

CDU-Vizin verteidigt ihre Pläne

Klöckner wiederum hat ihre Vorschläge zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland gegen Kritik aus der SPD verteidigt. Die Ablehnung Gabriels sei Wahlkampf, sagte Klöckner am Dienstag im Deutschlandfunk. Die CDU-Spitzenkandidatin zeigte sich außerdem sicher, dass die SPD ihre Vorschläge nach einer „gewissen Schamfrist“ aus Mangel an Alternativen übernehmen werde.

So habe es die SPD zunächst auch abgelehnt, weitere sichere Herkunftsländer auszuweisen; am Ende sei man aber doch dahin gekommen. „Wir sind gerne der Motor“, sagte Klöckner. „Im Schlafwagen kommt man nicht zu Lösungen.“

26 Jan 2016

TAGS

Schwerpunkt Flucht
Asylpolitik
Julia Klöckner
Frank-Walter Steinmeier
Sigmar Gabriel
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Flucht
EU
Julia Klöckner
Grenzkontrollen

ARTIKEL ZUM THEMA

CDU im Wahlkampfmodus: Nach A2 kommt A2.2

Die CDU-Spitzenkandidaten werden ungeduldig. Sie wollen in der Flüchtlingspolitik nicht länger auf die EU warten. Die Kanzlerin will schon.

Wahlkampf in Rheinland-Pfalz: Klöckner setzt auf Guttenberg

CDU-Kandidatin Julia Klöckner hat ihr Team vorgestellt. Mit dabei: Karl-Theodors kleiner Bruder, Vorturner Eberhard Gienger und ein Atom-Fuchs.

Ilse Aigner über Integration: „Niemand muss Tracht tragen“

Ilse Aigner ist trotz des CDU-CSU-Streits zuversichtlich: Angela Merkel sei eine große Politikerin. Ein Gespräch über Flüchtlinge, Leitkultur und AfD.

Flüchtlingspolitik in der EU: Noch zwei Jahre Grenzkontrollen?

Die EU erwägt, Kontrollen im Schengen-Raum auf zwei Jahre zu verlängern. Griechenland werden schwere Vorwürfe gemacht – aber auch Athen beschwert sich.

CDU-Abgeordneter über Flüchtlingspolitik: „Kapazität für 300.000 Menschen“

Deutschland müsse in der Flüchtlingspolitik nach Alternativen suchen, sagt CDU-Mann Roderich Kiesewetter. Zentren an den Grenzen seien machbar.

Kommentar Rückkehr zur Kleinstaaterei: Grenzenloser Wahnsinn mit Grenzen

Wenn Schlagbäume wieder Grenzen verschließen, ist das nicht nur ein Schlag für den Mittelstand. Die Einheit Europas steht auf dem Spiel.