taz.de -- Angriff auf Polizeiwache in Paris: Angreifer erschossen
Polizisten haben in Paris einen Mann mit Messer und Sprengstoff-Attrappe erschossen. Unklar ist, wer der Mann war und was er wollte.
PARIS taz | In kürzester Zeit herrschten Panik und Terroralarm in Paris. Das ganze Quartier La Goutte d‘Or im 18. Stadtarrondissement wurde von einem enormen Polizeiaufgebot abgeriegelt. Der Betrieb einer Metrolinie und der Drahtseilbahn von Montmartre wurde sicherheitshalber unterbrochen. Die Leute in den umliegenden Straßen wurden aufgefordert, zu Hause zu bleiben oder in den Geschäften hinter verschlossenen Türen zu warten.
Ein Mann hatte sich am Mittag mit einem gefährlich aussehenden Fleischermesser auf die Polizeibeamten gestürzt, die vor dem dortigen Kommissariat Wache schoben. Er soll bei seinem Angriff „Allahu akbar“ gerufen haben. Bevor er jemanden verletzen konnte, wurde er erschossen.
Er war den Beamten bereits aufgefallen, als er zuvor ein paar Schritte entfernt auf der anderen Straßenseite mit einem Mann diskutierte. War es ein Passant oder Komplize? Das ist noch ungeklärt. Klar ist hingegen, dass der vermeintliche Sprengstoffgürtel mit heraushängenden Drähten, den die Polizisten unter seiner Jacke sahen, eine Attrappe war. Der Angreifer hatte keinen Sprengstoff auf sich, doch er wollte offenbar den Eindruck eines terroristischen Selbstmordtäters erwecken, was ihm gelang.
Vorerst gab es keinerlei Hinweise zu seiner Identität, er trug nach Angaben des Sprechers des Innenministeriums keine Ausweispapiere auf sich. Dieser bestätigt auch, dass es sich um einen Mann nordafrikanischer Herkunft handle. Zu seinen Motiven herrscht Unklarheit. Allerdings erfolgte diese Attacke mit dem Messer wohl nicht zufällig am Jahrestag des Anschlags gegen „Charlie Hebdo“.
Ungeachtet davon könnte es sich nach Ansicht von Experten, die auf den verschiedenen Fernsehsendern befragt wurden, sowohl um einen Geistesgestörten handeln, der unter dem Eindruck der Gedenkanlässe für „Charlie Hebdo“ in einer Form der Nachahmung agierte, oder auch um einen sogenannten „Low-Budget“-Terroristen, der mit sehr bescheidenen Waffen und ohne große Vorbereitung einen Anschlag mit großen Breitenwirkung verüben wollte.
Update: Aufgrund seiner Fingerabdrücke konnte der erschossene Angreifer identifiziert werden. Nach Angaben der Polizei ist dieser 2013 wegen bandenmässigen Diebstahls in Südfrankreich festgenommen worden. Er hatte damals angegeben, er sei ein obdachloser Marokkaner und sei 1995 in Casablanca geboren. Er trug ein Papier mit einem Emblem des Terrororganisation Islamischer Staat und ein handschriftliches Bekennerschreiben in arabischer Sprache auf sich.
7 Jan 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Premierminister Valls will den Ausnahmezustand verlängern, bis der IS besiegt ist. Die Menschenrechtsliga reicht Beschwerde ein.
Der Mann, der am 7. Januar eine Polizeistation überfiel, kam aus Deutschland – und war mehreren europäischen Behörden bekannt.
Nach einem islamistischen Mordanschlag in Marseille debattieren jüdische Gemeinden in Frankreich über eine angemessene Reaktion.
Pläne der Regierung, verurteilten Terroristen die Staatsbürgerschaft zu entziehen, stoßen auf Kritik. Auch von rechts kommen Bedenken.
Der Angreifer aus Paris hielt sich in sechs verschiedenen EU-Ländern auf. Nun sollen Daten über Asylsuchende schneller ausgetauscht werden.
Waffenbesitz, Drogen, Körperverletzung: Der erschossene Angreifer von Paris war den deutschen Behörden schon lange bekannt. Zeitweise lebte er in NRW.
Der Attentäter von Paris hat in einem Flüchtlingsheim in Recklinghausen gewohnt. Dort fiel er bereits auf, als er die Flagge des IS an die Wand malte.
Die Redaktion von „Charlie Hebdo“ schottet sich von der Außenwelt ab. Auf der Suche nach dem Innenleben einer traumatisierten Satirezeitung.
Der neue Titel des Satiremagazins sorgt für Furore, eine Gedenktafel wird am Tatort enthüllt und eine Witwe stellt Strafanzeige gegen die Behörden.
Die Hauptstadt Santiago stellt sich der Vergangenheit. Die Historikerin Francisca Herrera Crisan führt Touristen zu den Orten der Pinochet-Diktatur
In Cold Coast City, dem australischen Surferparadies mit überdrehter Atmosphäre und 51 Kilometer pulverfeinem Sandstrand steigen die Immobilienpreise.