taz.de -- Protest gegen umstrittenes Mediengesetz: Rücktrittswelle in Polens Fernsehen
Vier bekannte Fernsehmacher haben ihren Rücktritt erklärt. Sie protestieren gegen das neue Mediengesetz, das der Politik mehr Macht über das Fernsehen gibt.
Warschau dpa | Nach [1][Verabschiedung eines neuen, umstrittenen Mediengesetzes in Polen] haben die Direktoren von vier Programmen des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP ihren Rücktritt eingereicht. Das berichtete die Gazeta Wyborcza am Samstag. Die Fernsehmacher dürften damit ihrer Entlassung zuvorkommen: Nach dem Gesetz, das die nationalkonservative Warschauer Regierung am Donnerstag auch durch die zweite Kammer des polnischen Parlaments gebracht hatte, sollen unter anderem die Mandate der bisherigen Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Rundfunks verfallen.
Über die Spitzenposten in den öffentlich-rechtlichen Medien soll der Schatzminister und damit die Regierung entscheiden. Gegen das Gesetz, das noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda benötigt, gab es bereits Proteste von Menschenrechtsgruppen und Journalistenverbänden.
Katarzyna Janowska, seit vier Jahren an der Spitze des Senders „TVP Kultura“, gab ihren Rücktritt [2][auf ihrer Facebookseite] bekannt – mit einem Foto eines Theaterfoyers mit der Aufschrift „Fürchtet Euch nicht“.
Mit einem offenen Brief verabschiedete sich auch Tomasz Lis, einer der bekanntesten Journalisten Polens, von den Zuschauern des bisher bei TVP ausgestrahlten Programms „Tomasz Lis na zywo“ (Tomasz Lis live), das nun eingestellt wird. „Niemand verschließt den Polen den Mund. Niemand verschließt mir den Mund“, schrieb er und kündigte an, „an anderer Stelle“ weiter auf Sendung zu gehen.
2 Jan 2016
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