taz.de -- Kommentar zur Radfahrer-Initiative: Nur dem ADFC fehlt der Mumm
Berlins größte Radler-Lobby unterstützt das geplante Volksbegehren nicht. Das ist absurd, denn der ADFC teilt eigentlich alle geplanten Inhalte.
Endlich könnte sie von der Straße in die Politik schwappen, die „kritische Masse“: Wenn der angestrebte Volksentscheid über Berlins Fahrradpolitik tatsächlich Realität würde, hätten Hunderttausende RadfahrerInnen die Möglichkeit, ihren Frust über fehlende, schlechte und gefährliche Wege in echte parlamentarische Einflussnahme zu gießen. Kann man das blöd finden? Kann man definitiv nicht.
Insofern muss es verwundern, dass der ADFC, die wichtigste Radlobby in der Stadt, keine rechte Lust hat, mit geblähten Backen ins selbe Horn zu stoßen. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar, aber an den Inhalten kann es wohl kaum liegen. Das „Umsetzungskonzept“, mit dem der Verband im vergangenen Sommer den Senat provozierte, weil der aus seiner eigenen Radverkehrsstrategie keine Schlüsse zieht, liest sich wie die Blaupause des Forderungskatalogs für den angestrebten Volksentscheid.
Traditionelle Zögerlichkeit
Entweder es liegt an der traditionellen Zögerlichkeit des ADFC, den Politikern kräftig auf den Schlips zu treten – wobei diese Zurückhaltung ja gerade beendet zu sein schien. Oder es hat mit einer Personalie zu tun: Heinrich Strößenreuther, der hinter dem „Volksentscheid Fahrrad“ steht, ist eine Art fahrradpolitische Ich-AG mit wechselnden Outfits – die „Initiative Clevere Städte“ etwa besteht in erster Linie aus ihm selbst. Nimmt sich da aus Sicht des ADFC jemand zu wichtig?
Selbst wenn: Im Sinne der RadfahrerInnen ist das völlig egal. Jede Initiative ist begrüßenswert, die ihre Belange ernst nimmt, aufs Tapet bringt und an die große Glocke hängt. Das Instrumentarium der Volksgesetzgebung eignet sich hervorragend dazu. Dass dies dem ADFC noch nicht aufgefallen ist, ist peinlich genug. Er sollte die Chance ergreifen und der Initiative zum Erfolg verhelfen.
15 Dec 2015
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