taz.de -- Geldregen vor der Klimakonferenz: Money, money, money
Auch beim Klimaschutz geht’s immer nur um das Eine: Geld. Der Grüne Klimafonds hat 10 Milliarden US-Dollar zusammen und gibt sie erstmals aus.
BERLIN taz | Drei Wochen vor dem Beginn der Klimakonferenz gab es endlich grünes Licht: Der Aufsichtsrat des „Grünen Klimafonds“ (GCF) einigte sich Anfang November zum ersten Mal auf die Finanzierung von Projekten, die Klimaschäden mildern und die weltweite Energiewende voranbringen sollen. Bei seiner Tagung in Livingston in Sambia gab der GCF 168 Millionen US-Dollar für Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika frei. Damit wird einer der sensibelsten Streitpunkte zwischen armen und reichen Ländern – die Finanzierung der globalen Aufgaben – zumindest ein wenig entschärft.
Der GCF, in dem Industrie- und Entwicklungsländer gleichberechtigt vertreten sind, fördert damit Projekte, die etwa in Peru Feuchtgebiete oder im Senegal versalzene Böden wiederherstellen, in Malawi und Bangladesh bessere Frühwarnsysteme gegen Klimaschäden errichten oder den Malediven helfen, mit Wasserknappheit umzugehen.
Außerdem gibt es Förderung für Anleihen, die in der Karibik Energieeffizienz unterstützen oder bessere Wasser- und Abwasserversorgung auf den Fiji-Inseln leisten. Die 168 Millionen aus GCF-Mitteln sollen über die nächsten fünf Jahre insgesamt Investitionen von 1,3 Milliarden Dollar in diesen Projekten auslösen, erklärte der Fonds.
Kein Hobby einzelner Staaten
Die Zusage sei ein „Meilenstein“, erklärte der Aufsichtsrat, der auch den „transformativen Charakter“ der Projekte zeige – also den Anspruch, Übergänge zu Klimafester und nachhaltiger Wirtschaftsweise anzustoßen. „Der Fonds hat jetzt mit der Arbeit begonnen“, sagt der Co-Vorsitzende des Aufsichtsrats, Henrik Harboe aus Norwegen. „Ich bin zuversichtlich, dass er bald noch viel größere Projekte finanzieren wird.“
Mit dem Fonds soll der internationale Klimaschutz nicht länger ein unterfinanziertes Hobby einzelner Staaten bleiben. Ende 2014 hatten sich zum ersten Mal 21 Länder verpflichtet, regelmäßig über einen UN-Fonds mit Milliarden von Dollars eine globale Energiewende voranzubringen und den armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Bei einer internationalen Geberkonferenz im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) in Berlin erklärten die Staaten, sie würden den „Grünen Klimafonds“ (GCF) mit bislang 9,3 Milliarden Dollar für die ersten vier Jahre füllen.
Das Geld kommt vor allem aus den Industrienationen: Größter Geber sind die USA mit 3 Milliarden Dollar, gefolgt von Japan mit 1,5, Großbritannien mit 1,2 und Frankreich und Deutschland mit je einer Milliarde. Aus den Niederlanden und der Schweiz kommen 100 Millionen, aus Dänemark 70. Schweden legt 580 Millionen in den Topf - das ist mit 60 Dollar der höchste Pro-Kopf-Beitrag.
Auch Schwellen- und Entwicklungsländer wie Mexiko, Südkorea, Panama oder die Mongolei wollen zahlen. Nicht dabei sind bisher China, das selbst 3,1 Milliarden in Entwicklungshilfe für Klimaschutz investieren will, Indien, Russland und Australien.
„Wichtiger erster Schritt“
„Wir sind nah an den zehn Milliarden, die wir uns vorgestellt haben“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Für Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat die Geberrunde gezeigt „dass die Weltgemeinschaft ihre Verantwortung wahrnimmt.“ Auch die Entwicklungsorganisationen Oxfam und Germanwatch sprachen von einem „wichtigen ersten Schritt“.
Der GCF war auf der Klimakonferenz in Cancún 2010 beschlossen worden. Er soll Zuschüsse und Kredite vergeben, um den „Paradigmenwechsel zu kohlenstoffarmer Entwicklung“ zu finanzieren und die Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen. Dazu gehören etwa die Finanzierung von Wind- oder Solarprojekten, die Hilfe bei Einspeisetarifen oder bei Energieeffizienz oder dem Netzausbau.
„Anpassung“ kann bedeuten, dass Küsten gegen Hochwasser gesichert werden, Landwirtschaft gegen Hitze und Dürre widerstandsfähiger wird oder etwa die Ausbreitung von Krankheiten wie Malaria bekämpft wird. Die Suche nach solchen Projekten beginnt nun. Beim GCF mit Sitz in Südkorea haben Entwicklungsländer die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat.
Sprunghaft und unzuverlässig
Die Milliarden von Berlin sind vor allem auch ein politisches Zeichen für die Klimaverhandlungen. Denn seit Jahren werfen die Entwicklungs- und Schwellenländer den reichen Staaten vor, sie würden sich um ihre finanziellen Hilfen drücken. Zwar flossen nach dem gescheiterten Gipfel von Kopenhagen von 2010 bis 2012 insgesamt etwa 30 Milliarden an Kapital für den Klimaschutz, ab 2020 sollen dafür jährlich 100 Milliarden Dollar „mobilisiert“ werden.
Doch die Finanzierung ist bisher sprunghaft und unzuverlässig, nicht zentral gesteuert und liegt in der Hand der Geberländer. Außerdem ist die Finanzierung bisher ein unübersehbarer Dschungel: Neben Töpfen bei der Weltbank und verschiedenen UN-Organisationen gibt es einzelne Länder, die etwa wie Norwegen viel Geld in die Rettung der Regenwälder investieren. Langfristig soll der GCF alle diese Finanzierungsströme zusammenbringen und zum entscheidenden Instrument der globalen Energiewende werden.
Dafür müssen die UN-Staaten allerdings ganz andere Summe bewegen. Der GCF selbst rechnet mit nötigen Investitionen von 350 Milliarden pro Jahr für Energiesysteme und mindestens 70 Milliarden für die Anpassung. Und allein die staatlichen Subventionen für Öl, Gas und Kohle belaufen sich jährlich auf etwa 550 Milliarden Dollar.
27 Nov 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der „Grüne Klimafonds“ der UN hat ein Luxusproblem: Geld ist genug da. Was fehlt, sind gute Ideen, um es auszugeben. Die Zeit drängt.
Pläne für die globale Energiewende: Eine Billion Dollar für Sonnenkraft in den Tropen und 300 Megawatt Ökostrom für Afrika.
Der Klimagipfel ist in den Händen eines Glaubenssatzes: Grünes Wachstum wird uns retten. Die Prediger sind die Milliardäre dieser Welt.
Gleich zu Beginn halten die Staats- und Regierungschefs ihre Ansprachen. Eine Übersicht über treibende Kräfte und Bremser des Klimaabkommens.
Am Montag startet die COP 21, die „Conference of the Parties“, der Klimagipfel in Paris. Was man über die 20 COPs davor wissen muss.
Französische Behörden nutzen offenbar die Notstandsgesetze, um gegen Protestler vorzugehen. Joel Domenjoud darüber, was sein Hausarrest bedeutet.
Ein peruanischer Kleinbauer verklagt den Energiekonzern RWE. Wenn er Recht bekommt, könnte sich einiges ändern.
Nach dem Demoverbot denken Klimaaktivisten über Alternativen nach. Die Restriktionen des Notstandsrechts machen sie erfinderisch.
Srđa Popović hat in Serbien den Widerstand mobilisiert. Heute ist er Revolutionsberater und erklärt, was Klima-Aktivisten bisher falsch machen.