taz.de -- Die Wahrheit: Schmutziger Ort des Grauens

Am kommenden Donnerstag ist der Welttoilettentag. Für Iren ein willkommener Anlass, Schabernack zu treiben mit dem dunkelsten Winkel der Insel.
Bild: Seit elf Jahren Sargträger und Totengräber auf dem Friedhof: Falko Behsen aus Oldenburg in Holstein.

Diese Kolumne ist der Toilette gewidmet, denn nächsten Donnerstag ist Welttoilettentag. In Irland heißen die öffentlichen Männertoiletten „The Jacks“ und sind ein Ort des Grauens. Je später der Abend, desto schweinischer die Gäste. Die weniger schweinischen Iren machen sich deshalb lieber ins Höschen, als eine öffentliche Toilette zu benutzen, so hat eine Umfrage der Sanitärfirma „Initial Washroom Solutions“ ergeben. Von den anderen, die das Risiko auf sich nehmen, schweben drei Viertel über der Klobrille, damit sie nicht in Berührung mit dem verseuchten Sitz kommen. Das aber führe zu Harnwegsinfektionen, weil sich die Blase in der Hockstellung nicht vollständig entleere, warnten Experten.

Einmal war es bei mir auch so dringend, dass ich mich mit angehaltenem Atem in einem Pub in der Dubliner Innenstadt kurz vor der Sperrstunde aufs Klo begab. Am Handwaschbecken stand ein Mann mit heruntergelassener Hose und wusch sich den Hintern. Das ist selbst in irischen Kneipentoiletten ungewöhnlich. Ob es kein Klopapier gebe, was zu dieser späten Stunde normal wäre, oder ob er an Waschzwang leide, so dass ihm Papier nicht ausreiche, fragte ich ihn.

Er packte mich am Arm, und für einen Moment fürchtete ich, dass er mich vermöbeln würde, aber er zog mich zu einer offenen Toilettenkabine. Ich werde den Anblick nie vergessen: Ein Spaßvogel hatte Klarsichtfolie unter die Klobrille gespannt, so dass … Na, den Rest können Sie sich denken. Ich schaute so betroffen wie in dieser Situation möglich, denn das Opfer des Streichs war einen Kopf größer als ich.

Es scheinen sich ohnehin jede Menge Spaßvögel auf Irlands Toiletten herumzutreiben. Vor einiger Zeit versuchte ein Gerald Grimes auf der Toilette der Shenanigans-Bar in Dublin, seinem Freund einen Tritt in den Hintern zu verpassen. Der trat jedoch zur Seite, sodass der Tritt ins Leere ging. Grimes rutschte aus und fiel in die Pinkelrinne. Dabei verletzte er sich am Knie. Grimes verklagte den Besitzer der Bar wegen grober Fahrlässigkeit.

Der Prozess ging vor Kurzem zu Ende. Richter Anthony Barr wies die Schadensersatzklage ab, denn Grimes habe Unfug im Sinn gehabt. Offenbar habe er sich vom Namen der Bar inspirieren lassen: „Shenanigans“ bedeutet Schabernack. Und „grime“ ist Schmutz oder Dreck, was den Kläger in der Pinkelrinne treffend beschreibt.

In Cork fahndet die Polizei noch nach einem Ehepaar mit drei Kindern, um sie vor Gericht zu stellen. Weil in dem Haus, das die Familie gemietet hatte, die Toilette verstopft war, benutzte sie stattdessen monatelang Plastikmüllsäcke, ohne sie zu entsorgen. Als es wegen des Ungeziefers und des Gestanks zu ungemütlich wurde, verschwanden die Leute über Nacht. Der Hausbesitzer wird das Haus wohl abreißen lassen.

Nach all diesen Informationen über irische Toiletten wird es Sie wenig überraschen, dass ein Cocktail, der zu gleichen Teilen aus irischem Sahnelikör, Karamellschnaps und Kaffeelikör besteht, „Dirty Toilet“ heißt.

16 Nov 2015

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