taz.de -- Ukraine-Gipfel in Paris: Syrien statt Donbass im Mittelpunkt
Frankreich und Deutschland reden mit Russland über die Luftangriffe in Syrien. Über die Ukraine wird auch noch verhandelt – mit kleinem Ergebnis.
Paris taz | Wladimir Putin kam pünktlich. Bemerkenswert für Beobachter des russischen Präsidenten, der den großen Bahnhof in Paris bekam. Dort hatte man sich am Freitag für die Ukrainekonferenz im „Normandie-Format“ – Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich – getroffen. Putins Pünktlichkeit kam nicht von ungefähr. Für die Reise nach Paris waren ausnahmsweise zahlreiche JournalistInnen und Kamerateams aus Moskau angereist, um mit gebührendem Gewicht für das heimische Publikum über den diplomatischen Auftritt zu berichten.
Putin ist klar, dass sich derzeit in der Weltpolitik so einiges um ihn dreht. Auch dieses Treffen zur Fortsetzung und Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk stand, wie alle Beobachter begriffen, zunächst im Zeichen des Syrienkonflikts.
Bevor nämlich die Gespräche über die Ukraine am späten Nachmittag beginnen konnten, empfing der französische Staatspräsident François Hollande seinen russischen Amtskollegen zu einem 75 Minuten langen „Tête-à-tête“. Einziges Thema: der Krieg in Syrien. Mit den russischen Luftangriffen gegen Stellungen von Rebellen zur Unterstützung des Regimes von Baschar al-Assad hat Putin auch die Ausgangslage für die westliche Koalition verändert, die ebenfalls aus der Luft einen Krieg gegen den Islamischen Staat (IS) führt.
Frankreich drängt Russland, seine Angriffe „gegen IS, und effektiv ausschließlich gegen den IS zu richten“, formuliert das Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Außerdem schließt man in Paris eine Übergangslösung unter Einbeziehung des jetzigen Machthabers in Damaskus oder eine Teilung Syriens mit einem von Assads Alawiten kontrolliertem Gebiet aus.
Auch Bundesanzlerin Angela Merkel erklärte nach dem Gipfel, sie habe Putin „sehr deutlich gemacht“, dass der zu bekämpfende Feind der IS sei. Eine politische Lösung für Syrien müsse gemäß der Übereinkunft von Genf den Anliegen der Assad-Gegner Rechnung tragen. Noch am Freitagabend warnte auch US-Präsident Barack Obama in Washington Russland, eine Strategie, welche nicht zwischen den IS-Terroristen und den gemäßigten Rebellen unterscheide, sei verfehlt und zum Scheitern verurteilt.
Über die Frage, ob Putin mit seiner Intervention in Syrien nun in einer Situation der Stärke oder eher zu Konzessionen geneigt sei, gehen die Analysen auseinander.
Die Stimmung beim anschließenden Ukraine-Vierertreffen konnte jedoch als konzilianter und optimistischer als bisher beschrieben werden. Der Waffenstillstand in der Ukraine ist seit dem 1. September weitgehend eingehalten worden. Putin, Hollande, Merkel und Petro Poroschenko fassen eine Entminung und einen Abbau auch der leichten Waffen ins Auge. Hingegen wird der in Minsk eingeleitete Friedensprozess nicht, wie ursprünglich geplant, Ende 2015 enden. Er braucht eine Verlängerung. Auch Putin war offenbar der Ansicht, dass die Organisation von Wahlen im Donbass mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die prorussischen Separatisten wollten diese am 18. Oktober abhalten.
Nach der Konferenz in Paris wurde jedoch erklärt, diese Kommunalwahlen müssten demokratisch und nach ukrainischem Recht organisiert werden. Entsprechende Regeln dazu und einen Sonderstatus für den Donbass muss das Parlament in Kiew erst beschließen. Wie garantiert werden soll, dass auch Gegner der bewaffneten Separatisten unbehelligt an solchen Wahlen teilnehmen können, ist ebenfalls noch offen. Hollande gab sich zum Abschluss in einer Pressekonferenz mit Merkel jedoch zuversichtlich: „Alle Teilnehmer wollen die Umsetzung von Minsk, auch Putin und Poroschenko.“
3 Oct 2015
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