taz.de -- Müllkrise im Libanon: Nicht nur der Müll stinkt zum Himmel

Die Abfallkrise hat eine starke Protestbewegung hervorgebracht. In Beirut fordern Demonstranten Veränderung – und den Rücktritt des Umweltministers.
Bild: Haben genug von Müll und Regierung: Demonstranten in Beirut am Samstagabend.

Beirut afp/ap/dpa | Erneut haben in der libanesischen Hauptstadt Beirut Tausende Menschen gegen die ungelöste Müllkrise und die politische Lähmung im Land protestiert. Die Demonstranten um die Protestgruppe „Ihr Stinkt“ forderten die Regierung am Samstag auf, die Probleme bis Dienstag zu lösen. Sonst würden die Proteste im ganzen Land verschärft.

Seit Juli türmt sich der Abfall, weil eine überquellende Deponie der Hauptstadt geschlossen wurde. Kritiker werfen der Regierung vor, die neuen Aufträge zu überhöhten Preisen an Firmen mit Verbindungen in die Politik vergeben zu wollen.

Viele in der Menge, die sich am Abend auf dem Märtyrerplatz im Zentrum Beiruts versammelte, schwenkten libanesische Flaggen und skandierten „Revolution, Revolution“. Es war die bisher größte Kundgebung der Protestbewegung.

Sie kritisiert, dass die Regierung nicht in der Lage sei, die Basisversorgung sicherzustellen. So fällt immer wieder Strom aus. Die Protestbewegung fordert auch den Rücktritt von Umweltminister Mohammed Maschnuk.

Noch kein Nachfolger für Präsident Suleiman

Außerdem müsse Innenminister Nuhad Maschnuk sich für die Gewalt gegen Demonstranten in der vergangenen Woche rechtfertigen, sagte Sprecherin Rascha Halabi bei einer Rede vor den Demonstranten in Beirut. Bei Auseinandersetzungen hatte es zahlreiche Verletzte Sicherheitskräfte und Protestierende gegeben, als eine Gruppe eine Polizeiabsperrung durchbrechen wollte und die Sicherheitskräfte dann mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Menge vorgegangen war.

Die Libanesen verärgert auch, dass das Parlament bisher nicht in der Lage war, einen Nachfolger für Präsident Michel Suleiman zu wählen, dessen Amtszeit im Mai vergangenen Jahres abgelaufen war.

Eine offizielle Teilnehmerzahl für Samstag lag nicht vor. Doch die Kundgebung war größer als die am vergangenen Wochenende, zu der 20.000 Menschen gekommen waren. Dabei war es zu Gewalt gekommen.

Die Demonstration am Samstag wurde mehrere hundert Meter vom Regierungspalast entfernt abgehalten, um neue Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften zu verhindern. Nach Einbruch der Dunkelheit kehrte aber eine kleinere Gruppe von Demonstranten vor das Gebäude zurück und warf mit Plastikflaschen und Knallfröschen auf die Beamten. Einige Maskierte versuchten mehrfach, eine Stacheldrahtabsperrung zu durchbrechen.

30 Aug 2015

TAGS

Libanon
Müll
Protest
Beirut
Müll
Libanon
Libanon
Libanon
Libanon
Libanon

ARTIKEL ZUM THEMA

Müllproblem im Libanon: Recycling an der Quelle

Ein kleines Unternehmen kämpft in Beirut gegen den Müll. Eine absolute Ausnahme im Libanon, wo sich der Abfall in den Straßen türmt.

Protest in Libanons Hauptstadt Beirut: Tausende fordern Parlamentswahl

Bei der Demo am Sonntag kam es zu Rangeleien mit der Polizei. Längst sind die Müll-Proteste zur Bewegung gegen die gesamte Politikerklasse des Landes geworden.

Müllkrise im Libanon: „Wir machen weiter, Revolution!“

Das von Demonstranten besetzte Umweltministerium in Beirut wurde von der Polizei gewaltsam geräumt. Die Proteste sind damit aber nicht beendet.

Müllkrise im Libanon: Umweltministerium kurzzeitig besetzt

Demonstranten haben am Dienstag über Stunden im Umweltministerium für die Absetzung des Ministers protestiert. Am Abend stürmte die Polizei das Gebäude.

Müllkrise im Libanon: „Auch unsere Politiker stinken“

Abfallberge und eine Politik, die durch Korruption und Konfession bestimmt ist. Tausende demonstrieren in Beirut und fordern Neuwahlen.

Müllkrise im Libanon: Verletzte bei Protesten

In der Müllkrise zeichnet sich keine Lösung ab – und die Nerven liegen blank. Nun ist es bei Protesten zu schweren Ausschreitungen gekommen.

Müllproblem im Libanon: Gestank in der Sommerhitze

Die Regierung sucht nach einer Lösung für das Problem. Der Wirtschaftsminister will den Abfall exportieren, vielleicht auch nach Deutschland.