taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Eine Stadt bereitet sich vor

In dieser Aufregung, die die Stadt mit Blick auf die Flüchtlinge ergriffen hat, schwingt etwas Gutes mit: die Ahnung dessen, dass gerade etwas Großes passiert.
Bild: Etwas Großes passiert: Flüchtlinge warten vor der Erstaufnahmestelle in Berlin.

Plötzlich geht alles ganz schnell. Gebäude werden beschlagnahmt, Zelte aufgebaut, sogar eine sinnvolle Verwendung für das unbeliebte ICC und das riesige Flughafengebäude in Tempelhof ist möglicherweise gefunden: Schon bald könnten hier Flüchtlinge registriert und untergebracht werden. Eine Stadt bereitet sich vor: Stündlich gibt es neue Gerüchte über die Situation der Züge aus Budapest, mit denen Hunderte, vielleicht Tausende Flüchtlinge in Berlin ankommen könnten. Doch selbst wenn diese Züge ausbleiben, ist mittlerweile jedem klar: Es werden weiter Flüchtlinge in diese Stadt kommen, und darauf muss sich Berlin mit allen verfügbaren Kräften und Mitteln einstellen.

Es ist wichtig, in dieser angespannten Stimmung auf einige Tatsachen hinzuweisen: Auch wenn der Zuwachs groß ist, verbietet ein Blick auf die absoluten Zahlen jedes Gerede von einer „Welle“, die da über uns hereinschwappen würde. Vieles von dem, was jetzt ganz schnell gehen muss, hätte zudem längst vorbereitet werden können, was die Situation jetzt deutlich entspannen würde – der Ausnahmezustand ist auch hausgemacht. Denn auch wenn genaue Prognosen schwierig sind, ist seit Monaten klar, dass die vorhandenen Unterkünfte und Registrierungsmöglichkeiten nicht ausreichen. Und: Die Unterkunft in Massenlagern und Zeltstädten wird auch dann nicht zur richtigen Lösung, wenn sie kurzfristig unumgänglich scheint.

In dieser Aufregung, die die Stadt mit Blick auf die Flüchtlinge ergriffen hat, schwingt aber auch etwas Wichtiges, Gutes mit: die Ahnung dessen, dass gerade etwas Großes passiert – dass das Grenzregime der EU an seine Grenzen kommt, dass die Flüchtlingsfrage mitten hinein getragen wird in die Straßen, Büros und Köpfe in dieser Stadt.

5 Sep 2015

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Malene Gürgen

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