taz.de -- Militär in der Ukraine: USA bilden mehr aus

Das US-Militär will mehr Kräfte ausbilden. Wie viele, ist nicht bekannt. Unterdessen verbietet die ukrainische Regierung die kommunistischen Parteien im Land.
Bild: Ein US-Soldat erklärt ukrainischen Soldaten grundsätzliche medizinische Notfallhilfe bei einer Militärübung im LIv

Washington dpa | Die USA weiten ihren militärischen Ausbildungseinsatz in der Ukraine aus. Nach Mitgliedern der Nationalgarde sollten ab Herbst auch Kräfte trainiert werden, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, am Freitag in Washington mit.

Die Ausbildung erfolgt demnach im Westen des Landes, nahe der Grenze zu Polen. Wie viele Kräfte das zusätzliche Programm umfassen soll, wurde nicht genannt.

Russland hatte gegen den Einsatz von US-Militärausbildern in dem Land protestiert. Die Regierung in Moskau warf der Ukraine vor, eine Offensive im Donbass vorzubereiten. Dort stehen sich Regierungstruppen und prorussische Separatisten gegenüber.

Unterdessen hat die Ukraine auf politischer Ebene den Kommunisten der Ex-Sowjetrepublik das Recht zur Teilnahme an Wahlen sowie den Parteistatus entzogen. Dies sei Teil eines Verbotsverfahrens, das bald abgeschlossen werden solle, sagte Justizminister Pawel Petrenko am Freitag in Kiew. Die Parteien könnten künftig nicht mehr am „politischen Leben“ der Ukraine teilnehmen, betonte er. Die Kommunisten reagierten angesichts der im Herbst geplanten Kommunalwahlen mit scharfem Protest. Sie warfen der Justiz Willkür vor und kündigten Widerstand an.

Insgesamt sind drei kommunistische Parteien betroffen. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexander Turtschinow, sprach von einem „historischen“ Moment. „Das ist wirklich ein Akt historischer Gerechtigkeit“, sagte der frühere kommunistische Funktionär. Dagegen meinte der Parteichef der Kommunisten, Pjotr Simonenko, dass seine Genossen weiter an Wahlen teilnehmen würden.

„Hexenjagd“

Auch linke Kräfte in der Europäischen Union sowie Russlands Kommunistenchef Gennadi Sjuganow hatten die neue prowestliche Führung wegen des geplanten Parteiverbots kritisiert. So werde in der neuen Ukraine mit politisch Andersdenkenden umgegangen, schimpfte Sjuganow der Agentur Interfax zufolge. Die russischen Kommunisten würden den Genossen im Nachbarland beistehen.

Die von den USA und der EU unterstützte Führung der Ukraine habe eine „Hexenjagd“ begonnen, meinte der russische Politologe Igor Bunin. „Im Grunde ist die Partei in keiner Weise eine Bedrohung für die amtierenden Machthaber“, betonte er. Die Führung suche sich „Sündenböcke für die vielen Probleme des Landes. „Die Verbote werden das Ansehen der Ukraine im Westen nicht verbessern (...) Im Westen existieren die kommunistischen Parteien in aller Ruhe“, sagte Bunin.

Der ukrainische Politologe Taras Beresowez verteidigte die Entscheidung als „erforderlich“. Für die Kommunisten gebe es auch einen Ausweg. „Kongresse abhalten, auf die totalitäre Symbolik verzichten, den Namen ändern“, sagt er. In der Ukraine selbst haben die Kommunisten Umfragen zufolge kaum noch Rückhalt in der Gesellschaft.

Die in die EU und in die Nato strebende ukrainische Führung hatte bereits im Mai vergangenen Jahres einen „Prozess zur Entkommunisierung“ des Landes in Gang gesetzt. Verboten sind demnach gesetzlich auch kommunistische Symbole. Die Ablehnung in der Gesellschaft hatte unter anderem auch zum massenhaften Abriss von Denkmälern des Revolutionsführers Lenin geführt.

25 Jul 2015

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