taz.de -- Dominikanische Republik: HaitianerInnen droht Abschiebung

Weil sie keine gültigen Papiere haben: Hunderttausende Einwanderer aus dem armen Nachbarland müssen mit ihrer Ausweisung rechnen.
Bild: Die Tourismushochburg Dominikanische Republik hat auch Schattenseiten.

BERLIN taz | Ab Donnerstag müssen hunderttausende in der Dominikanischen Republik lebende HaitianerInnen mit Festnahme und Deportation rechnen. Am Mittwoch lief die Frist aus, bis zu der sich ohne gültige Aufenthaltspapiere im Land lebende AusländerInnen registrieren lassen sollten.

Das aber haben nur knapp 250.000 der geschätzt 540.000 AusländerInenn tatsächlich getan. Die meisten von ihnen stammen aus Haiti, dem verarmten Nachbarland der Insel. Sie sind zum Arbeiten in die Dominikanische Republik gekommen – viele vor Jahrzehnten.

Wer sich hat registrieren lassen, sollte eigentlich zunächst eine provisorische Aufenthaltsgenehmigung erhalten, anschließend, nach Einzelfallprüfung, eine permanente Erlaubnis. So sah es die Verfügung vor, die vor einem Jahr erlassen wurde und die Frist bis zum 16. Juni 2015 festgeschrieben hatte. Bislang sind jedoch nur rund 300 solcher ständigen Erlaubnisse ausgestellt worden – und überhaupt keine provisorischen.

53.00 Menschen sind betroffen

Dennoch wollen die Behörden ab Donnerstag verstärkt Menschen kontrollieren, deren Äußeres auf eine nicht-dominikanische Herkunft deutet. Dass dabei auch viele Registrierte in die Fänge geraten, nehmen sie in Kauf. Zwölf Busse, vier Pritschen- und zwei Krankenwagen stehen ständig für den Abtransport zur Grenze bereit. Ein Abschiebegefängnis außerhalb der Hauptstadt Santo Domingo ist erweitert worden.

Noch am Dienstag gab es lange Schlagen vor den Registrierungsstellen. Doch viele Registrierungswillige konnten bis zuletzt die erforderlichen Papiere nicht auftreiben – darunter eine Arbeitsbescheinigung und Ausweispapiere. Zwar hatte die haitianische Regierung angekündigt, ihren Landsleuten mit der Ausstellung provisorischer Ausweise zu helfen – doch die Kosten und der Mangel an bürokratischer Effizienz der haitianischen Seite machten das Vorhaben zunichte. Und die meisten dominikanischen Arbeitgeber waren ebenfalls nicht bereit, Arbeitsbescheinigungen auszustellen.

Betroffen sind auch rund 53.000 zwischen 1929 und 2007 in der Dominikanischen Republik geborene Kinder haitianischer Eltern. Die Dominikanische Republik hatte 2013 entschieden, ihnen die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Dieses Vorhaben war zwar nach einem internationalen Aufschrei zurückgenommen worden – doch Ausweispapiere erhielten die Menschen trotzdem nicht.

18 Jun 2015

AUTOREN

Bernd Pickert

TAGS

Haiti
Abschiebung
Schwerpunkt Korruption
Karibik
Schwerpunkt Flucht
BGH-Urteil
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Rohstoffe
Haiti

ARTIKEL ZUM THEMA

Wahlen in der Dominikanischen Republik: Der neue Alte

Staatschef Danilo Medina bekommt 60 Prozent der Stimmen und wird für für vier weitere Jahre im Amt bestätigt. Die Opposition spricht von Wahlbetrug.

Geflüchtete in Dominikanischer Republik: Bitterer Zucker in der Karibik

Gut 6 Dollar am Tag und eine Hütte im Zuckerrohrfeld: Haitianische Tagelöhner werden in der Dominikanischen Republik wie Sklaven behandelt.

Dominikanische Republik und Flüchtlinge: Wer keine Papiere hat, muss raus

Der Stichtag für Haitianer im Nachbarland ist vorbei: Ohne Aufenthaltsgenehmigung geht’s ab nach Hause. Eine humanitäre Katastrophe droht.

BGH-Urteil zu Mahnwachen auf Flughäfen: Auch vor Abschiebeknästen erlaubt

Vor dem Gewahrsam in Schönefeld wollte ein Pater die Abschiebepraxis anklagen. Der Betreiber untersagte ihm das. Das Verbot gilt nun nicht mehr.

Polizeigewalt in Jamaika: Die Bewacher der Wächter

Jährlich werden in Jamaika rund 200 Menschen von der Polizei erschossen. 2014 sind es weniger – weil eine neue Behörde bei Polizeigewalt ermittelt.

Rohstoffe auf dem Meeresboden: Bergwerke in der Tiefsee

Die Rohstoffe der Zukunft kommen aus den Weltmeeren. Die Bundesregierung steckt schon mal einen Claim im Indischen Ozean ab.

Flucht aus der Armut Haitis: Odyssee durch die Karibik

Immer öfter versuchen Haitianer übers Meer das zu den USA gehörende Puerto Rico zu erreichen. Und immer öfter endet die Reise tödlich.