taz.de -- Elfenbeinküste kämpft ums Wahlergebnis: Lieber per Staatsstreich mächtig sein

Das Lager des ivorischen Staatschefs Gbagbo blockiert die Veröffentlichung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl. Wohl, weil er verloren hat.
Bild: Die Wahlplakate blättern ab - doch noch ist die Machtfrage in der Elfenbeinküste nicht geklärt.

Kuriose Szenen spielen sich seit Dienstag in der ivorischen Metropole Abidjan ab. Vertreter von Staatschef Laurent Gbagbo in der unabhängigen Wahlkommission CEI hinderten am späten Dienstag mit Gewalt den Wahlkommissionssprecher daran, erste Teilergebnisse der Stichwahl um die Präsidentschaft vom vergangenen Sonntag zu verkünden.

Vor laufender Kamera und der verblüfften Weltpresse entriss ein erzürnter junger Mann CEI-Sprecher Yacouba Bamba seine Papiere, als dieser die ersten Zahlen vorlesen wollte. Die Pressekonferenz wurde abgebrochen und ein neuer Termin für Mittwoch angesetzt. Da stießen die Journalisten auf eine von der Gendarmerie abgeriegelte Wahlkommissionszentrale, und auch das Staatsfernsehen, das die Ergebnisse live übertragen soll, hatte längst sämtliche Kameras abgebaut.

Es braucht nicht viel Phantasie, um daraus zu schließen, Gbagbo wolle gar kein Wahlergebnis zulassen und lieber per Staatsstreich an der Macht bleiben als eine Niederlage gegenüber Oppositionsführer Alassane Ouattara einzugestehen.

Ouattara ist der wichtigste Politiker aus dem Norden der Elfenbeinküste, der seit 2002 unter Kontrolle bewaffneter Rebellen steht; Gbagbo ist seitdem auf die Südhälfte des Landes um Abidjan zurückgeworfen. Bei der Präsidentschaftswahl 2010 standen sich damit die beiden Bürgerkriegsterritorien gegenüber.

Während der Norden aber geschlossen Ouattara gewählt hat, war der Süden gespalten, weil der in den Kakaogebieten starke drittplazierte Henri Konan Bédié (25 Prozent) zur Wahl Ouattaras aufrief. Das führte schon im Wahlkampf und am Wahltag zu lokalen Auseinandersetzungen.

Die inoffiziellen Ergebnisse der Stichwahl, die seit der Nacht zum Mittwoch zirkulieren und deren Echtheit der taz von informierter Seite bestätigt worden ist, geben dem technokratisch-unterkühlten Ouattara 54 Prozent gegen 46 für den populistischen Volkstribun Gbagbo.

Das ist aus Gbagbos Sicht ein Rebellensieg, also unannehmbar. "Bis zum Schluss" werde man für "das wahre Wahlergebnis" kämpfen, erklärte gestern mittag Gbagbos Wahlkampfleiter Pascal Affi N'Guessan. Er verlangt die Annullierung der Wahl in drei Regionen des Nordens wegen Einschüchterung. Das würde Gbagbo zum Wahlsieger machen. Deshalb ist darüber in der CEI keine Einigkeit herzustellen.

N'Guessan sagte, falls der Wahlkommission bis Mittwochnacht kein Ergebnis vorlege, sei das Verfassungsgericht zuständig. Dieses gilt als Gbagbo-treu und könnte Gbagbo per Teilannullierung zum Wahlsieger erklären. Als Reaktion darauf hat Ouattara die CEI seiner Unterstützung versichert. Auch internationale Diplomaten in Abidjan pilgerten gestern demonstrativ zum Amtssitz des CEI-Präsidenten Youssouf Bakayoko, als Zeichen der Solidarität.

1 Dec 2010

AUTOREN

Dominic Johnson

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