taz.de -- Kommentar Atommüll-Exporte: Türöffner aus Ahaus

Die Brennelemente in Ahaus enthalten kein hochangereichtes Uran. Das legt den Verdacht nahe, dass das Ziel des geplanten Transports nicht der Schutz vor Strahlen ist.
Bild: Ist ein Licht aufgegangen: Umweltminister Norbert Röttgen.

Die Verbreitung waffenfähiger Materialien verhindern - das ist die offizielle Begründung für den geplanten Castor-Transport von Ahaus ins russische Majak. Die Aktion, so heißt es, sei Teil des "Russian Research Reactor Fuel Return"-Programms, vereinbart zwischen den USA, Russland und der Internationalen Atomenergiebehörde.

Das Ziel: Brennelemente aus hochangereichertem Uran, wie sie vor allem in Forschungsreaktoren eingesetzt wurden, zurück in ihre Herkunftsländer zu schaffen und dort so verarbeiten, dass keine Bomben daraus mehr entstehen können. Mit diesem Auftrag wurden in den vergangenen Jahren unzählige, oft miserabel gesicherte Brennstofflager in politisch instabilen Regionen geräumt. Dagegen ist wenig einzuwenden.

Im Falle der in Ahaus lagernden Brennelemente aus dem stillgelegten DDR-Forschungsreaktor in Rossendorf aber liegt die Sache anders. Denn sie enthalten zum allergrößten Teil weniger als 20 Prozent Spaltstoff - es handelt sich also nicht um hoch-, sondern um niedrig angereichertes Uran. Allenfalls ein kleiner Teil könnte ausweislich des Gutachtens der Gesellschaft für Reaktorsicherheit bis zu 30 Prozent angereichert sein. Auch daraus lassen sich keine Bomben bauen.

Aus proliferationspolitischer Sicht gibt es also eher keinen Grund für den Atommüll-Export. Zumal die Anlage in Majak, die das Material verarbeiten könnte, auf unbestimmte Zeit stillliegt. Auch in Russland wird der Atommüll erst einmal nur abgestellt - sicher nicht sicherer als in Ahaus.

Das legt den Verdacht nahe, dass es beim Transport des Strahlenmülls hinter den Ural um ein ganz anderes Ziel geht: Majak oder Russland als Entsorgungsweg für deutschen Atommüll zu etablieren. Dem Einhalt zu gebieten, ist umso wichtiger.

3 Dec 2010

AUTOREN

Simon

TAGS

Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft

ARTIKEL ZUM THEMA

Atommüll nach Russland: Castoren nach Majak? Njet!

Erfolg für die Anti-Atom-Bewegung: Hochradioaktive Brennelemente aus Ahaus werden vorerst nicht in die russische Atomanlage transportiert. Die Betonung liegt auf vorerst.

Atomtransport nach Russland: Röttgen sagt "Njet!"

Der Umweltminister weigert sich, einen Castor-Transport aus Ahaus ins russische Atomkombinat Majak zu genehmigen. Dort sei keine schadlose Verwertung möglich, sagt Röttgen.

Politiker gegen Atommülltransporte: Die Hafen-Heuchelei

Politiker von deutschen Hafenstädten lehnen Atomtransporte ab. Doch trotz der Ankündigungen ein Verbot gibt es in den meisten Häfen nicht.

DDR-Atommüll soll nach Majak: Die Sammelkäfige stehen schon bereit

Die Bundesregierung hält an der umstrittenen Atommüll-Lieferung nach Majak fest – dabei haben selbst ihre eigenen Gutachter Sicherheitsbedenken.

Gutachten zu Atommüll: Freibrief für Atomtransporte nach Majak

Laut der Gesellschaft für Reaktorsicherheit ist die Atommüll-Entsorgung in Russland nicht schlechter als in Deutschland. Dort könnte der Müll unter freiem Himmel stehen.