taz.de -- Kommentar EU-Gipfel: Schräglage in der Eurozone

Die Europäische Union rennt der Krise mit ihren Notkrediten lediglich hinterher, die Ursachen werden nicht angegangen. Der jüngste EU-Gipfel bestätigt dies erneut.
Bild: Diese 2 Euro braucht Portugal dringend – und noch 79.999.999.998 mehr.

Japan leidet derzeit an vielem, nur nicht an einer Finanzkrise. Das ist durchaus erstaunlich. Schon vor dem Erdbeben beliefen sich die Schulden des japanischen Staats auf schätzungsweise 225 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts - gegenüber knapp 90 Prozent in Portugal. Für die Beseitigung der Schäden dürfte sich Japan noch viel höher verschulden. Und trotzdem braucht Japan keinen Schutzschirm, während Portugal gerade in eine Krise schlittert.

Irgendwas muss in der Eurozone ziemlich schiefgegangen sein. Obwohl gleich nach dem Ausbruch der Griechenlandkrise vor über einem Jahr klar war, dass auch Portugal, Irland und Spanien Krisenkandidaten waren, geschah erst mal nichts. Immer dann, wenn das nächste Land Finanzierungsprobleme bekam, gab es ein paar Notkredite.

Sinnigerweise erhöhte man damit die Schuldenlast des betroffenen Landes nur noch weiter. Zugleich wurde seine Konjunktur durch Sparauflagen abgewürgt. Hinzu kam die Drohung, dass auch private Gläubiger zur Kasse gebeten werden sollen, der aber zumindest bis 2013 keine Taten folgen. Die Folge war eine massive Vertrauenskrise, die jetzt auch Portugal zu spüren bekommt.

Leider gibt auch der jüngste EU-Gipfel keinen Hinweis darauf, dass sich das Krisenmanagement bessert. Es sieht im Wesentlichen nur weitere Kredite und weitere Sparzwänge vor. Die einzige Neuerung besteht aus einem Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit, der allerdings keinerlei Maßnahmen enthält, die etwas an den Ursachen der Krise ändern würden - insbesondere an den Ungleichgewichten in der Eurozone.

Wenn der Euro erhalten bleibt, dann wird es bestimmt nicht den jetzigen Beschlüssen über ein höheres Renteneintrittsalter, geringere Lohnzuwächse im öffentlichen Dienst oder die Bekämpfung der Schwarzarbeit zu verdanken sein.

25 Mar 2011

AUTOREN

Nicola Liebert

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