taz.de -- Kommentar Steuersenkungen: Geschenke an die Wähler

Jetzt wo mehr Geld in die Kasse kommt, wollen FDP und CSU ihre Klientel mit Steuererleichterungen beschenken. Wenn dann Geld im Bundeshaushalt fehlt, leiden nicht sie.
Bild: Wunschtraum Steuersenkung: Wenn es nach der FDP geht, dann werden die Bürger bald entlastet.

Eben war die Republik noch am Rande der Überschuldung und die Schuldenlast, die wir damit der kommenden Generation aufbürden, schier untragbar. Urplötzlich aber schwimmt der Staat anscheinend derart in Geld, dass er spielend die Steuern senken kann. Wirklich?

Tatsächlich können die Staatsfinanzen auch ohne neuerliche Steuergeschenke als zerrüttet gelten. An allen Ecken und Enden wird gespart, deutlich sichtbar etwa am Beispiel der zerbröselnden Infrastruktur. Dennoch muss sich der Staat immer noch höher verschulden.

Auch in diesem Jahr - trotz der jetzt prognostizierten Steuermehreinnahmen. Einnahmen und Ausgaben passen offensichtlich nicht zusammen.

Anstatt nun aber die Einnahmen zu erhöhen, tut der Staat seit Jahren das Gegenteil. Bei jeder Gelegenheit werden die Steuern gesenkt - von der großen Steuerreform 2001 bis zu Entlastungen bei der Kapitalertragsteuer und den Geschenken für Hoteliers. Einzig die sozial ungerechte Mehrwertsteuer, die die Bezieher kleiner oder keiner Einkommen überproportional belastet, wurde 2007 erhöht.

Seltsam, ausgerechnet Politiker der bürgerlichen Parteien, denen gemeinhin solides Wirtschaften unterstellt wird, rufen nun am lautesten nach weiteren Steuersenkungen - übrigens natürlich nicht bei der Mehrwertsteuer!

Seltsam? Vielleicht auch nicht. Am meisten entlastet werden nämlich typischerweise diejenigen, die die meisten Steuern zahlen, also die Bezieher ordentlicher Einkommen beziehungsweise die Unternehmen - mithin die traditionellen Wähler der bürgerlichen Parteien.

Das gesparte Geld können sie anschließend in als besonders sicher geltende Bundesanleihen investieren und dafür auch noch Zinsen einnehmen. Ein bisschen Geldnot der öffentlichen Hand wird man angesichts dieser Vorteile gerne hinnehmen. Zumal ja auch die Besserverdienenden nicht diejenigen sind, die darunter am stärksten zu leiden haben.

17 May 2011

AUTOREN

Nicola Liebert

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