taz.de -- Birgit Prinz' Karriereende: Sie hat sich bemüht

Weil Birgit Prinz ihre WM-Karriere überdehnt hat, wird sie wohl bald auf der Bank landen. Neben den neuen, jungen Spielerinnen wirkt sie fast schon lahm.
Bild: Nicht ganz zufrieden: Birgit Prinz und Silvia Neid

BERLIN taz | Es sollte ein Lob sein. Als Bundestrainerin Silvia Neid nach dem Eröffnungsspiel zur Leistung von Birgit Prinz befragt wurde, sagte sie: „Sie hat gut gearbeitet.“ Keine Frage, geackert hat die Rekordnationalspielerin nach Leibeskräften. Dies aber herauszustreichen, muss in den Ohren der dreimaligen Weltfußballerin in etwa so klingen wie der berühmte Zeugnissatz: „Sie hat sich bemüht.“ Zumal die Frankfurterin von Neid schon in der 57. Minute aus der Partie genommen wurde. Sie selbst verhehlte nicht, dass sie mit ihrem Auftritt gegen Kanada „nicht so zufrieden“ war.

Birgit Prinz ist in der Vergangenheit nie eine gewesen, die man zur fleißigen Arbeitergarde zählte, vielmehr hatte sie im Strafraum die entscheidende Führungsposition inne. Wenn das runde Leder zu ihr gelangte, zappelte es wenig später im Tornetz. So erzielte sie 128 Treffer in 212 Länderspielen.

Doch nun, da die 33-Jährige mit dieser WM ihre Nationalmannschaftskarriere beenden möchte, droht sie auf den letzten Metern von der rasanten Entwicklung des Frauenfußballs überrollt zu werden. Wegen ihres nachlassenden Durchsetzungsvermögens ist aus der formidablen Stürmerin zuletzt eine gute Mittelfeldspielerin geworden. Ein Problem ist auch: Sie wird langsamer. Angesichts der dynamischen Auftritte einer Célia Okoyino da Mbabi, Alexandra Popp oder Kim Kulig wirkte Prinz am Sonntag im deutschen Mittelfeld fast schon lahm.

Wobei sie durchaus auch Qualitäten ins Spiel bringt, die für Neid momentan einen schwer einschätzbaren Wert haben. Kaum eine im Kader hat ein so gutes Auge für die Mitspielerin und strahlt auch in brenzligen Situationen so viel Ruhe aus wie Prinz. Höchstwahrscheinlich wird sie auch beim heutigen Gruppenspiel gegen Nigeria (20.45 Uhr, ARD) in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main wieder in der Anfangself stehen.

Vabanquespiel für Neid

Es ist ein Vabanquespiel für Neid, im Interesse aller das bestmöglichste Team aufzustellen, ohne dabei das Denkmal Prinz zu beschädigen. Ein bisschen hat diese nämlich ihre Zeit als Aktive überzogen. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung bekannte sie jüngst: „Ich glaube, wenn die WM nicht nach Deutschland vergeben worden wäre, hätte ich schon früher aufgehört.“ Im DFB-Team werden seit Tagen immer wieder Argumente vorgetragen, die für Prinz sprechen.

Doris Fitschen, die Managerin, etwa sagt: „Sie ist eine Turnierspielerin. Auch bei der letzten EM ist sie nach der Vorrunde stark kritisiert worden. Im Finale hat sie dann zwei Tore gemacht.“ Das zählt fürwahr zu ihren Stärken. Regelmäßig ist sie in der Vergangenheit abgeschrieben worden. Auch im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2007 war das so. Aber die studierte Psychologin hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie hat sich stets zurückgekämpft. Gemessen an ihren Einsatzzeiten war sie in der vergangenen Saison wieder einmal die effizienteste Stürmerin in der deutschen Bundesliga.

Der Glanz der alten Tage ist etwas verblasst. Aber ein letzter großer Paukenschlag von Prinz ist derzeit ebenso vorstellbar wie ihre Degradierung zur Bankdrückerin. Prinz hat gesagt, sie wolle jeden Moment dieser WM genießen. Etwas kecker als sonst trat sie bei den letzten Medienterminen auf, als wolle sie zumindest in puncto Unbekümmertheit zu den Jungen im Team aufschließen. Das Wort „cool“ kam öfter über ihre Lippen. Unterdessen merkt man jedoch, dass der Druck, der auf sie vorm Nigeria-Spiel lastet, immens ist. Eine vereinbarte Interviewrunde mit Journalisten sagte sie am Mittwoch kurzerhand wieder ab.

30 Jun 2011

AUTOREN

Johannes Kopp
Johannes Kopp

TAGS

Fußball
Frauenfußball
Fußball-WM
Frauen-WM
Fußballweltmeisterschaft
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Fußball
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
WM 2011 – Mixed Zone

ARTIKEL ZUM THEMA

Gedemütigte Birgit Prinz: Selbst groß in höchster Wut

Die zweimalige Weltmeisterin wurde am Donnerstag ausgewechselt. Sie ging in größter Wut und zeigte ganz offen Schwäche. Gerade das macht sie sympathisch.

Deutschland gewinnt gegen Nigeria: „Ohne Glanz und Gloria“

Die deutschen Fußballfrauen haben den Einzug ins Viertelfinale geschafft. Aber eine Glanzleistung war das Spiel gegen Nigeria so gar nicht.

Kolumne aufm Platz: Alles so knapp

Gibt es im Frauenfußball nicht mehr so große Leistungsunterschiede? Oder warum fallen so wenige Tore?

Kanada vor dem Spiel gegen Frankreich: Modische Maske

Kanada setzt alles daran, die verletzte Stürmerin Christine Sinclair fürs Spiel gegen Frankreich fit zu bekommen. „Sie ist unsere Anführerin“, sagt die Trainerin.

Waldi fehlt: „Ich hätte den WM-Club gern gemacht“

Waldemar Hartmann fehlt bei der Frauen-WM. Die ARD wollte lieber „Tagesschau“ und „Tatort“ – die Spielzeiten hätten nicht gepasst.

WM-Fieber in der Frauenfußball-Hauptstadt: Frauen, Fußball, Frankfurt!

Am Donnerstag ist das erste WM-Spiel in Frankfurt. Ob auf der Fanmeile oder in der Eintracht-Kneipe – die Stadt ist schon im WM-Fieber.

Ein Blitz traf Nordkoreas Frauen-Team: Fünf auf einen Schlag

Die Erklärung von Nordkoreas Trainer Kim, seine Spielerinnen seien von einem Blitz geschwächt worden, ist kurios. Kann sie wahr sein?

Australien gegen Brasilien: So modern, so glücklich

Australien hat das jüngste Team dieser WM. Auch technisch ist es hochmodern. Zumindest neben dem Platz. Über Facebook und Twitter wird vom Team geschrieben.

Frauenfußballversteher Kalle Riedle: Augsburg von seiner schönsten Seite

Der Weltmeister von 1990 weiß, dass es nach der WM aufwärtsgehen wird mit dem Frauenfußball. Er ist WM-Botschafter, da muss er es ja wissen.

Brasiliens Weltfußballerin: Wer braucht Marta?

Am Mittwoch startet der Vizeweltmeister ins Turnier. Mit dabei Brasiliens Superstar Marta. Wie wichtig ist sie, für ihr Team und für ihren Sport?