taz.de -- Protest in Kreuzberg: Autonome wollen autonom demonstrieren

Kreuzberg erwartet brisante Samstagnacht: Linke wollen an die Erschießung eines G-8-Gegners vor zehn Jahren erinnern - mit einer unangemeldeten Demo. Polizei fürchtet Straftaten.
Bild: Fürchtet die Polizei auch in Kreuzberg: Autonome im Februar in Dresden.

Kreuzberg steht ein unruhiges Wochenende bevor: Autonome wollen am späten Samstagabend vom Lausitzer Platz durch den Stadtteil demonstrieren, in Gedenken an einen italienischen Globalisierungskritiker, der vor zehn Jahren bei Anti-G-8-Protesten in Genua erschossen wurde. Allerdings: Der Demozug wurde nicht bei der Polizei angemeldet. Die Szene bewirbt das offensiv als Teil des Konzepts.

"Rache für Carlo", so ist ein Aufruf zu der Demo überschrieben, der auf linken Internetportalen kursiert. 2001 war der 23-jährige Carlo Giuliani bei gewalttätigen Protesten gegen den G-8-Gipfel im italienischen Genua von einem Polizisten erschossen worden. Die Demo will daran erinnern. Sie soll um 22 Uhr vom Lausitzer Platz zum Nordzipfel des Mariannenplatzes führen, wo Linke am 1. Mai einen "Carlo-Giuliani-Park" ausgerufen hatten.

Auf Nachfrage der taz heißt es in einer Stellungnahme, dass man nicht diejenigen um Erlaubnis zum Demonstrieren bitten werde, "die direkt oder indirekt am Tod Giulianis und den massiven menschenfeindlichen Repressalien in Genua 2001 (mit)verantwortlich sind". In diesem Kontext wäre eine "Mitbestimmung der Bullen" unerträglich. Ein "Eskalieren" liege aber nicht im Interesse der Demo.

Im Internet wird dagegen zu "wütendem Protest" und "entschlossenem Widerstand gegen jegliche Polizeigewalt" aufgerufen. Die Szene rechnet mit einigen hundert Teilnehmern, auch aus anderen Städten. Bereits seit Tagen bewerben Plakate und Graffiti in der Stadt den Aufzug.

Die Polizei hält sich zu ihrer Einsatztaktik bedeckt. Man werde "mit angemessenem Aufwand alle erforderlichen Maßnahmen treffen", sagte ein Sprecher nur. Dass die Demonstration nicht bei der Versammlungsbehörde angemeldet wurde, lasse aber vermuten, dass Straftaten geplant sein könnten. Eine Verfassungsschutzsprecherin nannte das Vorgehen einen "bewussten Versuch, die Sicherheitsbehörden vorzuführen".

In der linken Szene wird spekuliert, dass die Polizei im Vorfeld den Lausitzer Platz abriegeln könnte, um die Demo zu verhindern. Für diesen Fall werde es "einen Plan B" geben, heißt es im Internet. Weitergeleitet über Personen, "die ihr für sicher haltet". Auf eine spontane Demoanmeldung vor Ort werde man sich "zu keinem Zeitpunkt" einlassen, so Mitorganisatoren zur taz.

Bereits in der Nacht zu Mittwoch verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein LKA-Gebäude in Niederschönhausen. An zwei Eingangstüren wurde Feuer gelegt, auch an der Fassade entstanden Brandschäden. Die Feuerwehr löschte die Flammen. Im Haus befanden sich keine Personen. An der Wand prangte ein Schriftzug: "Für Carlo, 20. 7. 2001. RIP."

13 Jul 2011

AUTOREN

Konrad Litschko

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