taz.de -- Krieg in Libyen: USA treffen Gaddafi-Gesandte
Zwischen den USA und dem Gaddafi-Regime gab es Gespräche. Libyen sieht darin einen ersten Schritt, für die USA war es eine einmalige Sache. Der Vormarsch der Rebellen gerät ins Stocken.
WASHINGTON/TRIPOLIS dpa/dapd | Zwischen den USA und dem Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi ist es nach einem Bericht des US-Fernsehsenders CNN am Wochenende zu direkten Gesprächen gekommen. Ein Sprecher der libyschen Regierung nannte die Beratungen in Tunesien vom Samstag einen "ersten Schritt", wie der Sender am Montag meldete. Von der US-Regierung hieß es hingegen, Zweck des Gesprächs sei lediglich gewesen, "zu übermittlen, dass Gaddafi gehen muss".
Der Sprecher der Regierung in Tripolis, Musa Ibrahim, habe unterstrichen, Libyen "begrüßt weitere Schritte" seitens der USA. "Wir sind bereit, über Ideen für das weitere Fortkommen zu beraten, dass Menschen nicht weiter zu Schaden kommen, dass dieser Konflikt endet und dass die beschädigten Beziehungen zwischen Libyen und den USA und anderen Nato-Staaten wieder in Ordnung kommen", so Ibrahim.
CNN zitiert derweil einen ranghohen Beamten des Außenministeriums in Washington, nach dessen Worten die dreistündige Unterredung in der tunesischen Hauptstadt Tunis "ein einmaliges Treffen war, um eine klare Botschaft zu senden" und kein Beginn von Verhandlungen.
Moskau ergreift keine Partei
Der Vormarsch der Rebellen im Osten Libyens geriet am Montag ins Stocken. Die Aufständischen meldeten Straßenkämpfe aus der Ortschaft Al-Brega, wo einer der Ölhäfen des Landes liegt. Berichte, wonach die Truppen Gaddafis bereits die Flucht gen Westen, in Richtung Ras Lanuf und Sirte, angetreten haben sollen, konnten jedoch von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden.
Die russische Regierung betonte derweil, sie werde den Übergangsrat der Rebellen weiterhin nicht als einzige legitime Volksvertretung ansehen. "Dies würde bedeuten, in einem Bürgerkrieg Partei zu ergreifen und gleichzeitig die Regierung in Tripolis zu isolieren", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Montag in Moskau. Die USA hatten sich in der vergangenen Woche eindeutig auf die Seite der Rebellenvertretung in Bengasi gestellt.
Die Aufständischen hatten die Ortschaft Al-Brega am vergangenen Donnerstag teilweise eingenommen. Die Medien der Aufständischen behaupteten, dass einer der Söhne von Gaddafi, Mutassim, am Wochenende zusammen mit etlichen Offizieren von Al-Brega in die Stadt Sirte geflohen sei. Sie räumten jedoch ein, dass sie bei ihrer Offensive in Al-Brega nicht so gut vorankamen, wie erhofft, weil dort zahlreiche Minen verlegt worden seien.
"Wir leiden noch immer unter den Landminen, die aus dem Zweiten Weltkrieg übrig geblieben sind und jetzt verlegen Gaddafis Brigaden noch mehr Minen", sagte der Minenexperte der Rebellen, Oberst Ahmed Bosibable. "Die Landminen wurden willkürlich und unsystematisch verlegt, damit sie schwerer zu finden sind. Das ist international verboten."
Unterdessen erklärte Regierungssprecher Ibrahim in Tripolis, bei den Kämpfen um Brega seien in den vergangenen fünf Tagen über 500 Aufständische getötet worden. Die Rebellen hingegen hatten in den vergangenen Tagen lediglich rund zwei Dutzend Tote gemeldet.
19 Jul 2011
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