taz.de -- Assad spricht zum Volk: An einen Rücktritt denkt er nicht
Präsident al-Assad sprach am Dienstag im Staats-TV über die Unruhen. Es sei "ersichtlich", dass Syrien "einer Verschwörung" zum Opfer fallen soll. Reformen wollte er schon immer.
KAIRO dpa/dapd | Syriens Präsident Baschar al-Assad sieht sich als Opfer einer Verschwörung und denkt nicht an Rücktritt. Das machte er am Dienstag deutlich, als er sich erstmals seit sieben Monaten in einer mehr als eineinhalbstündigen Rede an seine Landsleute wandte. Er genieße noch immer die Unterstützung seines Volkes, sagte er und fügte hinzu: "Ich bin keiner, der seine Verantwortung abgibt." Hinter dem Aufstand gegen sein Regime sieht er ausländische und regionale Kräfte. Zugleich kündigte er ein Verfassungsreferendum im März an.
Assad betonte in der im Staatsfernsehen ausgestrahlten Ansprache an der Universität in Damaskus: "Die ausländischen Verschwörungen sind kein Geheimnis mehr. Was hinter verschlossenen Türen geplant wurde, ist nun offensichtlich." Mit Sabotage und Zerstörung würden der friedliche Protest ausgenutzt und Angst verbreitet. Die Syrer rief er zur Einheit auf und betonte: "Wir wollen eine nationale Opposition, keine Opposition, die Befehle aus dem Ausland entgegennimmt." Der Sieg sei nah.
Zugleich versprach der Machthaber zum wiederholten Mal Reformen. Seine Vision für das Land werde sich nicht ändern. Nun gehe es darum, Reformen umzusetzen, den Terrorismus konsequent zu bekämpfen und dabei nicht die Souveränität zu verlieren. Bis März soll die neue Verfassung ausgearbeitet werden. Sie soll die bisherige ablösen, die eine dominante Rolle von Assads Baath-Partei festschreibt. Doch gleichzeitig stellte er klar: "Wir werden keine Reformen umsetzen, die auf unserer Krise basieren."
Die Beobachtermission war seine Idee
Ratschläge aus anderen arabischen Staaten wies er zurück. "Es ist, als ob dir ein Arzt mit einer Zigarette in der Hand sagt, du sollst nicht rauchen." Wie sollten Länder, die selbst immense Probleme hätten, Syrien Demokratie lehren, fragte er. "Wenn wir den Rat einiger Länder befolgen müssten, würden wir ein Jahrhundert zurückfallen." Die Beobachter der Arabischen Liga ins Land zu holen, sei im Übrigen seine eigene Idee gewesen.
Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrates, Burhan Ghalioun, sagte vor der Presse in Istanbul, die Fortsetzung der friedlichen Revolution sei die einzige vernünftige Antwort auf Assads enttäuschende Rede.
10 Jan 2012
ARTIKEL ZUM THEMA
Offenbar ist ein Fernsehjournalist in der syrischen Stadt Homs getötet worden. Er soll für einen französischen Sender gearbeitet haben. Seine Nationalität ist unklar.
Einer der Beobachter der Arabischen Liga in Syrien hat aus Protest das Land verlassen. Die Türkei und Zypern stoppen indes militärische Lieferungen aus Russland und Iran an Assad.
Assad will den Eindruck vermitteln, dass er der Einzige ist, der eine Deeskalation bewirken kann. Tatsächlich macht er das Gegenteil. Das Blutvergießen wird weitergehen.
Nach dem Besuch des US-Vize-Außenministers lehnt die türkische Regierung Sanktionen gegen Iran ab. Zu groß ist die Angst, es sich mit den Nachbarn zu verscherzen.
Die Beobachter fordern mehr Unabhängigkeit und mehr Ressourcen für ihre Arbeit. Das Regime soll zum Ende der Gewalt "gedrängt" werden. Dann soll der Friedensprozess ohne die UN beginnen.
Das Blutvergießen hört nicht auf: Präsident Assad lässt seine Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen Regimegegner vorgehen – trotz der Beobachter im Land. Nun wird eine Zwischenbilanz gezogen.
Eine Bombe tötet 25 Menschen. Einen Tag bevor die Arabische Liga ihre Beobachtermission in Syrien auswerten will. Ihr Versuch, die Gewalt einzudämmern, scheint gescheitert.
Es sei "höchste Zeit", in Aktion zu treten. Die internationale Gemeinschaft soll hinter den Bestrebungen des syrischen Volkes stehen, heißt es aus Washington. Doch das Morden geht weiter.