taz.de -- Kommentar Steuerabkommen Schweiz: Hinterzieher haben wenig zu fürchten

Ab 2013 wird deutsches Schwarzgeld in der Schweiz pauschal und anonym versteuert. Was untragbar für die Steuergerechtigkeit erscheint, sollte mit Rendite investiert werden.
Bild: So sieht sie aus, die Formel zur Berechnung des nachträglichen Steuerbetrags.

Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz ist unterzeichnet. Es soll dem deutschen Staat Zugang auf das dort gelagerte Schwarzgeld verschaffen. Ob es dann auch vom Bundesrat, also den deutschen Ländern, ratifiziert wird, ist noch offen. SPD und Grüne haben der alten Fassung des Abkommens ihre Zustimmung verweigert.

Laut dem aktuellen Stand werden die Vermögen nun ähnlich hoch versteuert wie in Deutschland und es sind auch Erbschaften inbegriffen. Vielleicht noch entscheidender für die Länderfürsten: Wie das Geld zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt wird, ist nun aus dem Abkommen ausgegliedert.

Hier bietet sich also noch Gelegenheit für einige schöne Verhandlungen mit dem Bundesfinanzminister an den Kaminen dieser Republik. Mal sehen, ob das nicht doch ein paar arme Schlucker aus den Ländern umstimmt. Was ist allgemein von dem Steuerabkommen zu halten?

Wer der Meinung ist, dass Einkommen in Deutschland nach den hier bestehenden Gesetzen bei den hiesigen Finanzämtern zu versteuern sei, der muss den Vertrag als einen Skandal empfinden. Denn er garantiert weiterhin die Anonymität der Steuerhinterzieher.

Wieviel für den Staat rausspringt, ist unklar

Wer jedoch anerkennt, dass nun mal eine geschätzt dreistellige Milliardensumme Euro schwarz aus Deutschland in die Schweiz geschafft wurde, über Jahrzehnte und an den Steuerbehörden vorbei, der wird immerhin sehen, dass das Geld nachträglich besteuert wird.

Wieviel letztlich dabei für den deutschen Staat herauskommt, ist allerdings völlig unklar. Denn schon seit Monaten berichten Schweizer Banker, dass die betroffenen Deutschen ihr Geld aus der Schweiz in andere Länder verschieben. Und das Abkommen greift erst ab dem 1. Januar 2013. Bis dahin bleibt weiterhin anonym, wer sein Geld in sichere Häfen außerhalb der Schweiz überweist.

Und sichere Häfen sind nicht nur die berühmten Karibikinseln oder Singapur. Auch die City of London, US-Bundesstaaten und manche Anderen sorgen dafür, dass Geld aller Art gewaschen, anonymisiert und wieder angelegt werden kann. Das nutzen erfolgreich seit vielen Jahren Terroristen, Ölscheichs oder russische Milliardäre.

Grauzonen des Rechts

Warum nicht auch vermehrt deutsche Steuerhinterzieher? Zu befürchten haben sie wenig: Die USA und Großbritannien haben jeder wirksamen Maßnahme gegen die Geldwäsche eine Absage erteilt. Und die Steuerfahndung in Deutschland ist seit vielen Jahrzehnten nicht ausreichend ausgestattet, um es mit der Kreativität und der schieren Masse an Geldverschiebern im Lande aufzunehmen.

Ganz zu schweigen von dem gewollt komplizierten Steuerrecht, das immer neue Grauzonen zwischen legal und illegal schafft. Das Steuerrecht hat in den vergangenen Jahrzehnten keine Regierung gleich welcher Couleur wirksam angegangen. Auch rot-grüne Länder sollten also das Geld aus der Schweiz lieber brav nehmen und es in neue Steuerfahnder investieren.

Das brächte eine gute Rendite – sowohl für den Staatshaushalt wie auch für die Steuergerechtigkeit.

5 Apr 2012

AUTOREN

Reiner Metzger

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