taz.de -- Griechenland und der Euro: Euroclub bereitet den „Grexit“ vor

Der Austritt Griechenlands aus dem Euroclub rückt näher. In der Währungsunion soll das Land aber bleiben. Wie das geht, ist unklar. Banken fürchten den Weltuntergang.
Bild: Cash für Gold gibt's hier in Athen.

BRÜSSEL taz | In drei Wochen könnte es schon so weit sein: Wenn die Griechen am 17. Juni nicht eine der EU genehme Mehrheit wählen, könnten sie aus dem Euroclub fliegen. Das ist die Botschaft, die der EU-Gipfel am Mittwoch in Brüssel nach Athen schickte. Offiziell soll Griechenland zwar Mitglied der Währungsunion bleiben. In einer Entschließung wird die weitere Unterstützung jedoch von der Erfüllung der drastischen Sparauflagen abhängig gemacht.

„Griechenland muss zu seinen Verpflichtungen stehen“, sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. Doch daran glauben die 17 Euroländer selbst schon nicht mehr. Am Rande des Gipfels wurde bekannt, dass sie schon Notfallpläne für den „Grexit“ – den Ausstieg Griechenlands – ausarbeiten. Auch die Europäische Zentralbank und die Bundesbank wappnen sich. „Selbstverständlich ist es so, dass wir uns auf alle Szenarien einstellen müssen, weil wir sonst unserer Aufgabe nicht gerecht würden“, räumte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ein.

Wie der „Grexit“ über die Bühne gehen soll, weiß niemand so recht. Schließlich gibt es dafür gar keine Rechtsgrundlage, wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zu bedenken gab. Die EU-Verträge sehen weder einen Austritt noch einen Ausschluss aus dem Euro vor; nur die EU selbst kann man verlassen. Freiwillig gehen wollen die Griechen nicht. In Umfragen sprechen sich immer noch zwei Drittel für den Euro aus, die griechische Interimsregierung bekräftigte ihre Verbundenheit zur Währungsunion.

Umstritten ist auch, welche Auswirkungen ein Austritt hätte. Die Bundesbank kam in einer kurz vor dem EU-Gipfel veröffentlichten Studie zu dem Schluss, die Folgen wären „beherrschbar“. Demgegenüber fürchtet der internationale Bankendachverband IIF, ein „Grexit“ könne Schockwellen auslösen, die „irgendwo zwischen Weltuntergang und Armageddon“ liegen. Vor allem die EU-Krisenländer Portugal und Irland könnten das zu spüren bekommen. Aber auch um Spaniens ohnehin angeschlagene Banken macht man sich in Brüssel Sorgen.

Auf Deutschland kämen je nach Schätzung Kosten von 60 bis 80 Milliarden Euro zu. Doch Kanzlerin Angela Merkel scheint dies nicht zu schrecken. Sie gehörte in Brüssel zu jenen, die sich für eine deutliche Warnung an die Griechen aussprachen. Frankreichs Staatschef François Hollande hingegen möchte Griechenland unbedingt im Euro halten, doch er konnte sich nicht durchsetzen.

24 May 2012

AUTOREN

Eric Bonse

ARTIKEL ZUM THEMA

Merkel will Aufsicht für EU-Großbanken: Mehr Europa heißt mehr Kontrolle

Angela Merkel will mittelfristig die großen Bankhäuser Europas besser beobachten. EU-Kommissionspräsident Barroso erneuerte die Idee einer Bankenunion. Am Montag trafen sich beide in Berlin.

Debatte Referendum über EU-Rettungsplan: Mutige Iren, feige Regierung

Irland stimmt ab über den europäischen Fiskalpakt – und das Ergebnis ist durchaus offen. Doch die Regierung in Dublin setzt auf Einschüchterung.

IWF-Chefin hat wenig Mitleid mit Griechen: Die harte Frau Lagarde

Christine Lagarde beschäftigt sich mehr mit Kindern im Niger als mit der Situation der Griechen. Sie bräuchten dringender Hilfe, so die IWF-Chefin. Wenig nette Worte, die wenig Anklang finden.

Kommentar Griechenland: Wer soll das beschließen?

Europa befindet sich im Dilemma: Um die Drachme in Griechenland einzuführen, bräuchte es dort eine handlungsfähige Regierung. Gäbe es diese, könnte Griechenland im Euro bleiben.

Kommentar Eurogipfel: Punktsieg für Hollande

Die EU plant eine neue Wachstumsstrategie und setzt sich über Merkels Denkverbote hinweg. Sie selbst mauert und isoliert sich damit selbst.

Kommentar Griechenland: Nazis als einfache Lösung

Bei der Neuwahl am 17. Juni dürfen die Rechten mit dem Einzug ins Parlament rechnen. Die bürgerlichen Parteien des Landes müssten eine Front gegen Rechtsradikalismus bilden.

Welches Schicksal droht den Griechen?: Euro, Geuro und Grexit-Szenario

Viele Lösungsansätze werden durchdekliniert. Welcher ist sinnvoll und machbar? Was passiert beim Rausschmiss aus der Euro-Zone? Geht das überhaupt? Fragen und Antworten.

Kommentar Griechenland: Weiß Merkel wirklich nicht, was sie tut?

Berliner Regierungspolitiker geben dreimalkluge Ratschläge Richtung Athen. Nicht das Richtige, wenn Merkel und Co eine Linksregierung in Griechenland vermeiden wollen.

Alexis Tsipras in Berlin: Bloß nicht radikal wirken

Der Spitzenkandidat der radikalen Linken wendet sich in Berlin gegen den harten Sparkurs und setzt auf „Freundschaft“. Er will im Euro bleiben und keinesfalls zur Drachme zurück.