taz.de -- Nach Massaker in Hula: Hollande erwägt Militäreinsatz
Der französische Präsident François Hollande reagiert auf die Gewalt in Syrien: Er schließt eine bewaffnete Intervention nicht mehr aus. Doch das Land ist besser bewaffnet als Libyen.
PARIS/SYDNEY afp | Nach dem Massaker in der syrischen Kleinstadt Hula wird der Ruf nach einem internationalen Militäreinsatz in Syrien lauter. Der französische Präsident François Hollande schloss eine bewaffnete Intervention nicht aus, vorausgesetzt sie beachte das Völkerrecht und erfolge mit Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Der australische Außenminister Bob Carr sagte am Mittwoch, seine Regierung werde den französischen Vorschlag erörtern.
Hollande sagte am Dienstagabend im Fernsehsender France 2, jetzt müssten Russland und China überzeugt werden. Beim Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Freitag in Paris, werde er mit ihm über die Notwendigkeit sprechen, die Strafmaßnahmen gegen Syrien nochmals deutlich zu verschärfen. Russland und China hatten bisher im UN-Sicherheitsrat Resolutionsentwürfe zu Syrien blockiert, weil darin die Gewalt der bewaffneten Rebellen nicht verurteilt wurde.
Carr wies darauf hin, dass die Bewaffnung der syrischen Rebellen mit Schwierigkeiten verbunden sei. Dasselbe gelte auch für die Einrichtung einer Flugverbotszone in einem Land, das über eine „bedeutende“ Flugabwehr verfüge und über eine weitaus stärkere Armee als Libyen zur Zeit des Aufstands gegen den dortigen Machthaber Muammar al-Gaddafi im vergangenen Jahr.
Hollande hatte zuvor die Ausweisung der syrischen Botschafterin in Paris bekannt gegeben. Außerdem kündigte der französische Staatschef für Anfang Juli ein erneutes Treffen der Gruppe der Freunde Syriens in Paris an. Der Gruppe gehören neben arabischen Ländern die USA und führende europäische Staaten an.
Außer Frankreich wiesen am Dienstag auch Deutschland und mehrere weitere EU-Staaten sowie die Schweiz, USA, Kanada und Australien syrische Botschafter und Spitzendiplomaten aus. Am Abend gab auch Belgien die Ausweisung von Top-Diplomaten bekannt.
Fast 100 Tote am Dienstag
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London wurden am Dienstag landesweit 98 Menschen getötet – 61 Zivilisten, 28 Regierungssoldaten und neun Rebellen. In der nordwestlichen Region Deir Essor seien 13 Zivilisten durch Kopfschüsse „hingerichtet“ worden.
Bei dem Blutbad in Hula waren am Freitag laut UN mindestens 108 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Kinder. Nach wie vor ist unklar, was genau geschah. Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte ergaben erste Untersuchungen, dass weniger als 20 der 108 Toten durch Artillerie- oder Panzerbeschuss der Regierungstruppen getötet wurden.
Einwohner berichteten demnach, es habe zwei getrennte „Sammelhinrichtungen“ durch regierungsnahe Milizionäre gegeben. Die syrische Regierung wies jede Verantwortung für die Taten zurück und machte „bewaffnete Terroristen“ dafür verantwortlich.
30 May 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Zerstörte Existenzen, Folter, Haft, über zehntausend Tote: Die Welt schaut zu, was in Assads Reich geschieht. Was kann man sonst tun?
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen zieht ein Eingreifen außerhalb des Friedensplans in Syrien in Erwägung. In Hula soll es erneute Angriffe gegeben haben.
Auf der Visitenkarte seiner ethischen Interventionen stehen Bosnien, Kosovo, Darfur, Georgien, Tibet und zuletzt Libyen. Nun nimmt sich Bernard-Henri Lévy Syrien vor.
Alle deutschen Parteien sind gegen einen Militäreinsatz in Syrien. SPD und Grüne drängen Bundeskanzlerin Merkel den russischen Präsidenten zu bearbeiten.
Regimegegner werfen der UN-Delegation vor, die Bevölkerung nicht ausreichend vor den Angriffen der Armee zu schützen. Zu wenig Blauhelme und ein zu schwaches Mandat.
Der syrische Diktator muss weg. Alles spricht dafür, dass das Massaker von Hula von Assad-Getreuen verübt wurde. Spätestens jetzt ist klar, dass Assad den Bürgerkrieg anschürt.
Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien verweisen syrische Diplomaten des Landes. Beraten wird derzeit, ob sich dieser Maßnahme noch weitere EU-Staaten anschließen sollen.
Die UN macht das syrische Assad-Regime hauptverantwortlich für die Toten und Verletzten von Hula. Russlands Außenminister sieht auch die Opposition in der Verantwortung.