taz.de -- Obamas Haushaltspläne: Der „Mittelschichts“-Präsident
Barack Obama will Steuererhöhungen für Reiche trotz der zu erwartenden Blockadehaltung durchsetzen. Auch in anderen Bereichen gibt er sich kämpferisch.
WASHINGTON taz | „Ich habe ein Mandat“, sagte Barack Obama am Mittwoch bei seiner erster Pressekonferenz als wieder gewählter Präsident: „Es besteht darin, Mittelschichtfamilien zu helfen. Das amerikanische Volk hat gesprochen“. Er erklärte, dass er die Steuern für Spitzenverdiener mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Dollars erhöhen will, und kündigte eine Migrationsreform für „bald“ an.
Außerdem verteidigte Obama in kämpferischem Ton seine gegenwärtige UN-Botschafterin und potenzielle künftige Außenministerin Susan Rice gegen die Angriffe von republikanischen Politikern. Und er rief seinem wegen einer außerehelichen Affäre zurückgetretenen CIA-Chef David Petraeus noch einmal ein Lob hinterher: „Er hat unser Land sicherer gemacht.“
Vor dem Auftritt hatte der frühere Arbeitsminister Robert Reich einen Wunsch geäußert, den viele linke US-Wähler haben: dass Obama sich hohe Ziele stecken möge: „erstens hat er die Wahlen gewonnen und zweitens haben die vergangenen vier Jahre bewiesen, dass das Weiße Haus nicht mit einem Kompromiss beginnen sollte“. Doch der neu gewählte Präsident sieht das anders. Er sagte schon bei seiner ersten Pressekonferenz: „wir werden Kompromisse eingehen müssen. Und nicht jeder wird hundert Prozent bekommen.“
Die Republikaner hingegen signalisierten bereits, dass sie an ihrer seit zwei Jahren bekannten Blockadehaltung festhalten wollen. Vor einer Woche hatten sie zwar sowohl den Run auf das Weiße Haus als auch eine geplante Eroberung des Senats verfehlt, haben aber weiterhin die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Unter anderem haben sie angekündigt, dass sie keiner Steuererhöhung zustimmen werden.
Obama sagte hingegen entschieden, dass er die seit Bush geltenden Steuersenkungen nur für jene 98 Prozent der Steuerzahler beibehalten werde, die unter 250.000 Dollar pro Jahr verdienen. Mit ihrer Kaufkraft könne diese „Mittelschicht“ die Konjunktur ankurbeln. Hingegen könnten Spitzenverdiener durchaus zusätzliche Steuern verkraften und ihr Beitrag könne beim Abbau des Staats-Defizites helfen.
Angriffe auf Susan Rice
Der US-Präsident erklärte allerdings nicht, wie er seine Vorhaben gegen den absehbaren republikanischen Widerstand durchsetzen will. Am Jahresende stehen neben dem Auslaufen der Bush-Steuersätze auch automatische Einschnitte im Staatshaushalt in Höhe von rund 600 Milliarden Dollar an. Sollte es in Washington keine Einigung zwischen Demokraten und Republikaner geben, könnte das die US-Konjunktur erneut in die Krise treiben.
Neben dem absehbaren neuen Haushaltskrieg schießen sich mehrere Republikaner gerade auf Susan Rice ein, die als mögliche Nachfolgerin von Außenministerin Hillary Clinton gehandelt wird. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain kritisiert, sie habe nach der Tötung des US-Botschafters in Libyen in einem TV-Interview verschleiert, dass es sich um einen Terroranschlag handelte. Senator Lindsey Graham hat angekündigt, dass er versuchen wird, ihre etwaige Nominierung zur Außenministerin im Senat zu verhindern: notfalls mit Obstruktion.
In seiner Pressekonferenz konterte der Präsident, es sei ein empörender Versuch, ihre Reputation zu beschmutzen: „Wenn McCain und Graham jemanden verfolgen wollen, dann sollen sie sich an mich wenden. Die UN-Botschafterin hat nichts mit Benghazi zu tun.“ Zu ihrer Nominierung als Außenministerin, sowie zu anderen Besetzungen in seiner künftigen Regierung äußerte er sich nicht.
15 Nov 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Städte, aus denen der Streit verschwunden ist: Die Segregation Amerikas schreitet voran. Beobachtungen in Wisconsin.
Im Streit um den US-Haushalt geht Obama auf die Republikaner zu: Erst ab einem Jahreseinkommen von 400.000 Dollar soll es höhere Steuern geben.
Die Republikaner haben einen Vorschlag gemacht, um den Haushaltsabsturz zu vermeiden. Allerdings waren ihre Ideen schon 2011 gescheitert.
Die Republikaner lehnen die von den Demokraten angestrebten höheren Belastungen für Reiche ab. Gespart werden soll im Gesundheitswesen.
Im Streit über die Vermeidung der „Steuerklippe“ legt die Obama-Regierung einen konkreten Plan vor. Die Republikaner stellen sich quer.
In der Affäre um den zurückgetretenen CIA-Chef Petraeus gibt es eine neue Wende. Jetzt ermittelt der Geheimdienst gegen den ehemaligen Mann an der Spitze.
Barack Obama bleibt US-Präsident. Einigen Bürgern passt das nicht – sie wollen sich per Petition von den USA lossagen. Ihre Gegner finden: gut so!
Jerome Ringo ist optimistisch: Präsident Obama wird in seiner zweiten Amtszeit die Politik grüner gestalten können. Ringo ist Präsident der US-Umweltverbände.
Obama habe nicht nur dank der Minderheiten gewonnen, sagt der Journalist Marco D'Eramo. Dessen Unterstützer könnten auch sehr schnell republikanisch wählen.