taz.de -- Israelische Luftangriffe in Gaza: Gezielte Angriffe auf Journalisten
Reporter ohne Grenzen wirft Israel vor, Kameramänner der Hamas mit Absicht zu töten. Mindestens elf Journalisten sollen bereits getötet worden sein.
BERLIN epd/dapd | Seit Beginn der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen vor einer Woche sind zwei Kameraleute getötet und insgesamt mindestens elf Journalisten verletzt worden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat die Angriffe der israelischen Armee auf die Reporter und die Nachrichtenagenturen am Mittwoch scharf kritisiert.
Das Fahrzeug der Journalisten, die für den zur Hamas gehörenden Fernsehsender Al-Aksa-TV arbeiteten, wurde in Gaza-Stadt gezielt von der israelischen Luftwaffe beschossen, wie ROG am Mittwoch in Berlin erklärte. Dem Sender zufolge war es als Pressefahrzeug gekennzeichnet. Reporter ohne Grenzen verwies darauf, dass Journalisten durch das Völkerrecht besonders geschützt sind.
Ein Sprecher der israelischen Regierung hatte am Sonntag dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira erklärt, die israelische Armee sehe Mitarbeiter von Al-Aksa-TV nicht als „legitime Journalisten“ an. „Selbst wenn diese Journalisten die Hamas unterstützen, rechtfertigt das in keiner Weise solche Angriffe“, erklärte ROG. Dies seien Kriegsverbrechen im Sinne der Genfer Konvention. „Die dafür Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Bei einem israelischen Luftangriff am Mittwoch auf ein Gebäude in Gaza, in dem die Nachrichtenagentur AFP ihre Büros hat, ist ein Kind getötet worden, wie die palästinensischen Rettungskräfte gestern mitteilten. Das Gebäude war bereits am Dienstag angegriffen worden.
Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte die israelische Armee den Al-Schawa-Wa-Hassri-Turm in Gaza-Stadt bombardiert, in dem zahlreiche lokale und internationale Medien ihren Sitz haben. Zum Zeitpunkt des Angriffs sollen etwa 15 Journalisten in mit „TV Press“ gekennzeichneten Schutzwesten auf dem Dach des Gebäudes über die Bombardements berichtet haben. Zu den Medien, deren Büros teilweise zerstört worden seien, gehörten die ARD, die Nachrichtenagentur Reuters und Abu Dhabi TV. Sechs Journalisten seien verletzt worden.
Bei einem weiteren Angriff auf das „Haus der Journalisten“ in Gaza wurden laut ROG in derselben Nacht drei Mitarbeiter von Al-Aksa-TV schwer verletzt. Ein Sprecher der israelischen Streitkräfte habe über Twitter erklärt, die Bombardements hätten auf ein Kommunikationszentrum der Hamas gezielt. Am 19. November erlitten zwei Kameramänner von al-Arabia und einem lokalen Kanal von Al-Quds-TV leichte Verletzungen.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte angesichts der ausufernden Gewalt die Berichterstatter zu äußerster Vorsicht auf. Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken mahnte in Berlin, die Korrespondenten dürften keine vermeidbaren Risiken eingehen und müssten selbst entscheiden, in der Region zu bleiben oder sie zu verlassen.
21 Nov 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
China, Syrien, Bahrain, Iran und Vietnam: Diese fünf Staaten stehen wegen Netz-Zensur in einem Bericht zum Welttag gegen Internetzensur besonders in der Kritik.
Die Zahl der getöteten Journalisten ist 2012 drastisch gestiegen. Sie liegt bei 88 – das ist der Höchststand seit dem Jahr 1995.
Die Waffenruhe ist fragil, die Furcht vor weiteren Raketen akut. Israels Künstler fordern dennoch einen Dialog mit den „Feinden in Gaza“.
Die Strategie der politischen Isolation der Hamas ist endgültig gescheitert. Die Zukunft der Region hängt von der Nachhaltigkeit des nun begonnenen Prozesses ab.
Ägyptischen Regierungsvertretern zufolge stimmen Israel und die Hamas einer Feuerpause zu. Noch wenige Stunden zuvor war in Tel Aviv ein Anschlag verübt worden.
Noch setzt Israel seine Luftangriffe auf Gaza fort und die Hamas beschießt Jerusalem. Heute nacht soll jedoch eine Waffenruhe in Kraft treten.
Eine Bodenoffensive bringt überhaupt nichts, meint Yagil Levy, Soziologie der Offenen Universität Israel. Das israelische Truppenaufgebot hält er für eine Drohung.
Sowohl Israel als auch die Hamas scheinen einen Waffenstillstand zu wollen. Jede Seite aber jeweils zu eigenen Bedingungen.