taz.de -- Israels Künstler fordern Dialog mit Gaza: Gegen die Angst
Die Waffenruhe ist fragil, die Furcht vor weiteren Raketen akut. Israels Künstler fordern dennoch einen Dialog mit den „Feinden in Gaza“.
Mitgefühl, Dialog und Regierungskritik sind in in einem Land unter Raketenbeschuss eher unpopulär. Israels Intellektuelle nehmen dennoch und schon nach wenigen Tagen des Gefechts ihre Rolle als Vordenker und Befürworter des Dialogs ein. „Wir müssen reden“ heißt es in der Anfang dieser Woche von über 100 kunst- und kulturschaffenden Israelis unterzeichneten Petition, in der sie Verhandlungen statt weitere Raketenangriffe oder eine Bodenoffensive in Gaza fordern.
Unter den Unterzeichnern sind die Autoren Amos Oz, Yoram Kaniuk und Nir Baram, außerdem der Choreograph Ohad Naharin sowie die Künstlerin Sigalit Landau und der Designer Ron Arad.
Mit ein wenig zeitlichem Abstand zu militärischen Aktionen und einem ersten reflexhaften Zusammenrücken hinter der Regierung zu Beginn der Auseinandersetzungen, gibt es in Israel regelmäßig Proteste von Kriegsgegnern, denen von militanter Seite häufig sogleich Vaterlandsverrat vorgeworfen wird. Um dem zuvorzukommen, beginnt das Pamphlet mit den Worten „Unsere Herzen sind mit euch, Bürger im Süden Israels, die seit vielen Jahren mit Terror und Angst leben.“
Doch schon im nächsten Satz wird die Regierung für ihre Waffengewalt kritisiert. „Es ist das Recht und die Pflicht unserer Regierung euch zu beschützen – aber ihr Weg ist nicht der Richtige. Wir haben Terroristen getötet, Militäroperationen gestartet, wir sind im Gazastreifen einmarschiert und das hat nichts gebracht als mehr Tote und Hass.“
Augen gen Himmel gewand
Deshalb fordern die Unterzeichner einen langen und stabilen Waffenstillstand mit den Feinden in Gaza, „denn die Menschen im Süden wie im Gazastreifen haben es verdient mit Hoffnung statt mit Furcht in den Himmel zu schauen.“ Phasen der Ruhe seien immer aus Verhandlungen hervorgegangen.
„Diese Militäraktion wird uns einen Waffenstillstand bescheren, der uns ungefähr zum Ausgangspunkt zurückführt“, sagt der 35-jährige Autor Nir Baram, Unterzeichner der Petition, der taz. „Über das Halten des Status Quos kommen wir zur Zeit nicht hinaus und niemand stellt die wichtigen Fragen: Wie sollen wir in 10-20 Jahren leben? Netanyahu vermag nur, alte Ängste zu schüren, für ihn ist 1948 wichtiger als 2028.“
Mit so einer Opferhaltung habe man bereits die vergangenen vier Jahre vergeudet. „Und wenn sich jetzt nicht andere Kräfte in Israel sammeln, die ein paar starke Ideen für die Zukunft umsetzen, dann verlieren wir weitere vier Jahre.“
22 Nov 2012
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