taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Ahnungsloser Politikberater Hoeness

Sport und Politik haben nichts miteinander zu tun? Welch ein Unfug! Das zeigt der Fall Mandzukic. Und das scheinheilige Verhalten von Uli Hoeneß.
Bild: Kein schöner Abblick: Mario Mandzukic (l.) und Xherdan Shaqiri

Wenn die Bundesliga-Profis an diesem Wochenende ihre Tore bejubeln, dann werden einige ganz genau hinschauen. Was mag es zu bedeuten haben, wenn der eine mit der Eckfahne winkt und der andere seinen Daumen als Schnullersurrogat in den Mund steckt. Warum ist die Schuhputzgeste so beliebt und warum das kollektive Tänzchen?

Eine Geste wird man wohl eher nicht sehen auf dem Rasen: das militärisch-stramme Salutieren mit einem gestreckten Arm als Abgang. Damit war Mario Mandzukic zuletzt aufgefallen. Es lag sozusagen auf der Hand, dass der Bayern-Profi die ehemaligen kroatischen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac grüßte.

Beide waren vom Haager Kriegsverbrechertribunal überraschend freigesprochen worden; in erster Instanz waren die Militärs wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 24 und 18 Jahren Haft verknackt worden.

Mandzukic ist Kroate und fand diesen Richterspruch wie Zehntausende seiner Landsleute offenbar richtig gut. Das ging nicht allen so. Viele empfanden es als geschmacklos, dass Mandzukic, assistiert vom Vereinskollegen, dem gebürtigen Kosovaren Xherdan Shaqiri, seinem Nationalismus im Stadion Ausdruck verlieh.

Sport ist politisch

Erschwerend kam hinzu, dass politische Meinungsäußerungen in Arenen nur dann geduldet werden, wenn es sich um emanzipatorische Projekte handelt. Diese Handhabe geht zurück auf die künstliche und bisweilen arg lächerliche Trennung von Sport und Politik, auf die sich Sportfunktionäre so gern beziehen, wenn es ernst wird. De facto gibt es diese Trennung nicht. Denn alles am Sport ist politisch – und das gilt selbst dann, wenn Claudia „Candystorm“ Roth, „die Sportnarrische“ (Roth über Roth), sich an Sportmenschen ranwanzt.

Die behauptete Dichotomie von Sport und Politik ist Kokolores. Es handelt sich um eine reine Schutzbehauptung, wie man im Fall Mandzukic wieder einmal sehen konnte. Da sagte Bayern-Boss und Deutschlands oberster Fußballpate Uli Hoeneß betont unschuldig: „Ich weiß gar nicht, was er damit sagen wollte, und deswegen kann ich dazu nichts sagen.“

Überraschende Wortwahl

Uli Hoeneß, der Ahnungslose? Ein paar Tage später hörte sich das dann schon etwas anders an. Er forderte seine Spieler dazu auf, „solche Jubelformen“ künftig zu unterlassen, „um Fehlinterpretationen zu vermeiden“. Fehlinterpretationen? Hatte Mandzukic nur Schütze Arsch im letzten Glied grüßen wollen?

Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge erklärte, man sei beim FC Bayern dafür bekannt, „dass wir nicht politische Dinge strapazieren sollten“. Also Schwamm drüber. Ist ja auch nicht weiter von Belang, dass Hoeneß die Trennung von Sport und Politik mit Leib und Seele lebt – in Interviews bezeichnet er sich schon mal als „Politikberater“ (von wem eigentlich?).

Ginge es nicht um erstinstanzlich verurteilte Kriegsverbrecher, dann müsste man den abwiegelnden Bayern-Bossen sogar zustimmen. Das Salutieren nach einem Tor ist nicht besonders kreativ, auch zeugt es nicht gerade von einer pazifistischen Grundhaltung, doch damit bewegt sich ein Fußballspieler im Rahmen des Erlaubten, zumal es im Mannschaftssport nicht selten soldatisch zugeht und das Fußballspiel von etlichen Schlaudenkern als kriegerische Ersatzhandlung bezeichnet worden ist.

23 Nov 2012

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Markus Völker

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