taz.de -- Kommentar Stuttgart 21: Unten bleiben immer teurer

Ganz großzügig bietet die Deutsche Bahn an, die zusätzlichen Kosten für Stuttgart 21 zu übernehmen. Was für eine Augenwischerei.
Bild: Jetzt wird um die Finanzierung des Großprojektes in Stuttgart gestritten.

Wie generös von der Deutschen Bahn, dass sie die Milliarden Mehrkosten bei Stuttgart 21 selbst übernehmen will! Es hatten ja auch alle politischen Akteure – Stadt Stuttgart, Land, Bund – klargemacht, dass sie keinen Cent zusätzlich zahlen wollen.

Doch für den Bürger ist das reine Augenwischerei. Denn der Bund ist Eigentümer der Bahn, die Leidtragenden sind damit letztlich die Bahnfahrer: All das Geld, das die Bahn in den Stuttgarter Hauptbahnhof pumpt, fehlt am Ende für andere Infrastrukturprojekte, vor allem für den Regionalverkehr.

Ohnehin stellt sich aber die Frage, wie Stuttgart 21 überhaupt noch wirtschaftlich sein kann. Egal wer zahlt, der Kostendeckel von 4,5 Milliarden ist längst gesprengt und damit auch die „Sollbruchstelle“, von der Bahnchef Rüdiger Grube stets sprach. Und auch jetzt ist offensichtlich, dass damit längst nicht das Ende erreicht ist. Zahlreiche Studien warnen vor weiteren Kosten.

Gefragt ist nun der Aufsichtsrat, der dieses wirtschaftliche Risiko abwenden muss. Da dessen Entscheidung über die Kostenübernahme zunächst vertagt wurde, haben die Verantwortlichen Zeit gewonnen. Womöglich wird es auch noch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit den Projektpartnern kommen, wenn es um die Übernahme weiterer Mehrkosten geht, die etwa durch die Schlichtung entstanden sind.

All dies könnte wertvolle Zeit sein für all diejenigen, die S21 ohne Wenn und Aber durchdrücken wollen. Denn noch klafft am Bahnhof keine große Baugrube. Wenn es also einen Zeitpunkt gibt, dieses Mammutprojekt noch sinnvoll zu stoppen, dann jetzt.

Im DB-Aufsichtsrat sitzt unter anderem Patrick Döring. Der FDP-Generalsekretär äußerte sich vor wenigen Tagen zum Desaster beim Berliner Flughafen – ein Satz, der nun genauso für Stuttgart 21 gilt: „Die politische Verantwortung liegt bei den Politikern, die im Aufsichtsrat sind.“

12 Dec 2012

AUTOREN

Nadine Michel

TAGS

Stuttgart
Bahnhof
Bahn
Schwerpunkt Stuttgart 21
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Deutsche Bahn
Kretschmann
Schwerpunkt Stuttgart 21
Stuttgart
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21

ARTIKEL ZUM THEMA

Bahnhof wird zu teuer: Stuttgart macht einen auf BER

Droht der Stuttgarter Bahnhofsumbau ein Desaster wie der Berliner Flughafen zu werden? Der Verkehrsminister steht zum Projekt, in der Union rumort es gewaltig.

Kostenexplosion bei Großprojekten: Augen auf beim Flughafenkauf

Flughafen in Berlin, Elbphilharmonie in Hamburg, Bahnhof in Stuttgart: Wenn der Staat baut, wird es teuer. Das muss nicht sein. Fünf Tipps von Experten.

Bahn sagt wichtige S21-Sitzung ab: Der „Lenkungskreis“ muss warten

Das für den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs zuständige Gremiumstreffen von Bahn, Land und Stadt wird abgesagt. Das Verkehrsministerium findet das „unerträglich“.

Parkschützer über Stuttgart 21: „Das ist das Ende des Projekts“

Parkschützer von Herrmann glaubt wieder an einen Erfolg der Tiefbahnhofsgegner – weil die Finanzierung nicht mehr gesichert ist.

Mehrkosten für „Stuttgart 21“: Die Bahn zahlt die Milliarde

Bahnchef Grube hat angekündigt, dass die Bahn die Mehrkosten für Stuttgart 21 übernehmen wird. Sie fielen „direkt in die Verantwortung der Bahn“.

Baumängel am Stuttgarter Bahnhof: Feuchte Aussichten für Bahnkunden

Bei Starkwind droht das Dach des bestehenden Hauptbahnhofs einzufallen. Denn die Bahn hat ja für den S-21-Bau die Seitenflügel abgerissen.

Kosten für Stuttgart 21: Billig? Der Zug ist abgefahren

Der Bau des unterirdischen Stuttgarter Hauptbahnhofs verteuert sich um mindestens 1,1 Milliarden Euro. Die Bahn will die Mehrkosten tragen.

S 21 kostet 1,1 Milliarden Euro mehr: Die Bahn will zahlen

Die Kosten für das umstrittene Bauprojekt Stuttgart 21 sprengen deutlich die festgelegte Obergrenze. Mehrkosten von über einer Milliarde Euro fallen an.

Kosten für Stuttgart 21 explodieren: Teurer Spatenstich

Wegen erwarteter Mehrkosten von 1,5 Milliarden Euro fordern die Gegner von Stuttgart 21 ein Ende des Projekts. Es sei besser, die Mittel anderweitig zu investieren.