taz.de -- Kommentar Deutsche Bank: Die Bank aus Anti-Leidenschaft

Eines ist typisch für das Debakel der Deutschen Bank: Die Mischung aus Geschäften mit erfundenen Zockerpapieren, Fahrlässigkeit und Betrug.
Bild: In Schieflage geraten? Der Anschein trügt.

Nachdem die Polizei das Beweismaterial über die beim Emissionshandel unterschlagene Umsatzsteuer gesichert hat, ist die Kritik an der Deutschen Bank geradezu überwältigend kritisch. Selbst namhafte Politiker der Bundesregierung zeigen sich empört.

Dabei ist es noch nicht lange her, da war Josef Ackermann zum einflussreichen Regierungsberater im Bundeskanzleramt aufgestiegen. Auch der 2008 durchgesetzte staatliche Rettungsfonds für Banken mit einem Volumen von 480 Milliarden Euro trägt seine Handschrift.

Auch die Medien sind nun aufgewacht. Doch die eigentlichen Ursachen und vor allem die Folgen des Betrugs durch die Deutsche Bank lassen sie weiter unterbelichtet. Riskante Kreditgeschäfte sind nämlich nicht der Hauptgrund dafür.

Deshalb lenkt der derzeit hervorgehobene Fall Leo Kirch nur von den eigentlichen Triebkräften des DB-Missmanagements ab. Da hat nur ein arroganter ehemaliger Vorstandsvorsitzender zur falschen Zeit und am falschen Ort die Wahrheit über die mangelnde Zahlungsfähigkeit des Kirch-Imperiums ausgeplaudert. Vor derartiger Dümmlichkeit ist keine Bank sicher. Typisch für das Debakel der Deutschen Bank ist nur die Mischung aus Geschäften mit selbst erfundenen Zockerpapieren, Fahrlässigkeit und Betrug.

Zinswetten, Spekulation, Giftprodukte

Wesentlich für die betrügerische Struktur der Deutschen Bank ist der Umbau dieses „Global Players“ vom normalen Kundengeschäft zum spekulativen Investmentbanking. Schon die Explosion der Bilanzsumme zeigt den Wandel zur Zockerbank.

Seit der Kopper-Ära ist diese um 350 Prozent auf 1.906 Milliarden Euro gestiegen. Dabei hat sich der Anteil der Kundeneinlagen von 42 Prozent auf 28 Prozent reduziert. Die Umschichtung der Geschäftsfelder ist durch die Ackermann’sche Zielmarke 25 Prozent Nettogewinn bezogen auf das eingesetzte Kapital geradezu erzwungen worden.

Gegenüber den im normalen Kundengeschäft erreichbaren mageren Margen wurde die Suche nach profitablen neuen Geschäften zum Prinzip. Dazu haben Mathematiker Wettinstrumente ohne jegliche produktionsbezogene Werthaltigkeit erfunden. Die Bank hat diese im Eigenhandel, also ohne Kundenauftrag angeboten. Unter dem Regime dieser völlig überzogenen Profitrate ist ein Klima für unseriöse Geschäfte, ja kriminelle Machenschaften erzeugt worden.

Dazu einige Beispiele: Mit Zinswetten wurden etliche Kommunen über den Tisch gezogen. Mit aggressivem Spekulieren mit Agrarprodukten an den Warenterminbörsen wurde der Hunger in der Welt vorangetrieben. Die betrügerische Aneignung von staatlichen Einnahmen mit einem Schadensumfang von 850 Milliarden Euro über Umsatzsteuer-Karusselle ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Deutsche Bank hat auch durch den Handel mit Giftprodukten zur Finanzmarktkrise beigetragen.

... Kontrolle ist besser

Welche Lehren sind zu ziehen? Das ungleiche Vorstandsduo Fitschen und der schwer vorbelastete Investmentbanker Jain beschwören jetzt den Kulturwandel der Deutschen Bank. Was für eine Verniedlichung! Es geht jetzt darum, überhaupt eine seriöse, vertrauensschaffende Geschäftskultur zu etablieren. Die Bank aus Anti-Leidenschaft zum Zocken muss geschaffen werden. Dazu gehört auch eine strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder im Aufsichtsrat, die die kriminalitätsanfällige Bank zu verantworten haben.

Auf die bankeneigene Lernfähigkeit unter dem Regime der Profitgier sollte trotz anzuerkennender Bemühungen des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden nicht gesetzt werden. Die Deutsche Bank steht weltweit für die Notwendigkeit, die Finanzmärkte mit ihren Banken streng zu regulieren. Die Rückkehr zum seriösen Geschäftsmodell muss allerdings durch gesetzliche Rahmenbedingungen abgesichert werden. Dazu zählt die Trennung des üblichen Kundengeschäfts vom spekulativen Investmentbanking. Die Trennung reicht jedoch nicht aus.

Gleichzeitig müssen die für den Eigenhandel erzeugten Zockerinstrumente verboten werden. Nur mit stark reduzierten und dann kontrollierten Spekulationsgeschäften lassen sich die für die Gesamtwirtschaft immer noch bedrohlichen Sprengsätze entschärfen. Bei dienenden Banken bleiben nur die Spekulationsgeschäfte übrig, die die Risikoabsicherung der realen Produktionswirtschaft stützen.

19 Dec 2012

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Rudolf Hickel
Rudolf Hickel

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