taz.de -- Kommentar Deutsche Bank: Geschäftsmodell Plünderei

Steuerhinterziehung gilt nicht mehr als Kavaliersdelikt. Das hat die Deutsche Bank jetzt auch am eigenen Leib erfahren müssen.

Nur die Deutsche Bank hat offenbar noch nicht bemerkt, dass sich die Stimmung verändert hat. Ganz selbstverständlich griff Bankchef Jürgen Fitschen zum Telefon, um sich beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) zu beschweren, dass Staatsanwälte sehr telegen diverse Bankfilialen durchsucht hatten. Es ging um Steuerhinterziehung bei CO2-Emissions-Rechten. Möglicher Schaden für den Staat: bis zu 850 Millionen Euro. Aber Fitschen ist trotzdem empört, dass es eine Razzia gab.

Vor einigen Jahren hätte diese Wut wohl noch gewirkt. Da wäre ein hessischer Ministerpräsident gern behilflich gewesen, die Standortinteressen der Deutschen Bank zu verteidigen. Unvergessen sind die vier hessischen Steuerfahnder, die zwangspensioniert wurden, nachdem ihnen ein windiges psychiatrisches Gutachten „Paranoia“ bescheinigt hatte. Sie hatten sich nicht an die Weisung gehalten, wohlhabende Steuerhinterzieher im Großraum Frankfurt am Main zu schonen. Doch inzwischen gilt Steuerhinterziehung nicht mehr als Kavaliersdelikt, wie Fitschen nun erfahren muss.

Die neueste Affäre der Deutschen Bank verweist auf ein Grundproblem: Ihr gesamtes Geschäftsmodell beruht auf Plünderei. Jeder wird geschröpft – nicht nur der Staat, sondern auch die eigenen Aktionäre.

Kürzlich kam ein unabhängiges Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Deutsche-Bank-Aktionäre im letzten Jahrzehnt keinen Gewinn gesehen haben. Zwar wurden 19,6 Milliarden Euro ausgeschüttet, gleichzeitig mussten sie aber 27 Milliarden Euro an Kapital zuschießen. Zudem sank der Wert der Bank, weil 19,3 Milliarden Euro an stillen Reserven aufgelöst wurden.

Wo die vielen Milliarden geblieben sind? Bei den angestellten Investmentbankern. Die Deutsche Bank wird von ihren Top-Bediensteten geplündert. Zu dieser Kultur passt natürlich bestens, dass auch der Staat ausgeraubt wird.

16 Dec 2012

AUTOREN

Ulrike Herrmann

TAGS

Deutsche Bank
Steuerhinterziehung
Geschäftsmodell
Investitionen
Deutsche Bank
Deutsche Bank
Deutsche Bank
Leo Kirch
Deutsche Bank
Deutsche Bank
Deutsche Bank

ARTIKEL ZUM THEMA

Alternative Investitionen: Das Spiel der Schattenmänner

Alfred Platow begreift die Investmentbanker gut. Und er will der kommenden Generation endlich erklären, was und wie es wirklich läuft.

Kommentar Deutsche Bank: Die Bank aus Anti-Leidenschaft

Eines ist typisch für das Debakel der Deutschen Bank: Die Mischung aus Geschäften mit erfundenen Zockerpapieren, Fahrlässigkeit und Betrug.

Kritik an Deutsche-Bank-Chef: Gabriel jagt Fitschen

Jürgen Fitschen hat sich für sein Verhalten nach der Steuerrazzia bei der Deutschen Bank entschuldigt. SPD-Chef Sigmar Gabriel reicht das nicht.

Steueraffäre der Deutschen Bank: Merkwürdiges Rechtsverständnis

Nach seiner Telefonintervention ist der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, heftig in die Kritik geraten. Er soll dennoch Präsident des Bankenverbandes bleiben.

Deutsche Bank unterliegt vor Gericht: Kirch-Erben kriegen Schadenersatz

Das OLG München urteilt, dass Äußerungen des ehemaligen Chefs der Deutschen Bank zum Zusammenbruch des Kirch-Imperiums beitrugen. Nun will die Bank vor den BGH.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Deutsche Bank vernichtet Mails

Beim Handel mit CO2-Zertifikaten soll die Deutsche Bank 850 Millionen Euro hinterzogen haben. Die Ermittlungen werden offenbar behindert.

Kommentar Deutsche Bank: Die Kultur des Absahnens

Die neuen Deutsche-Bank-Chefs Jain und Fitschen treten ein schweres Erbe an. Sie müssen sich mit den Vergehen der Vergangenheit auseinandersetzen.

Deutsche-Bank-Zentrale durchsucht: Fünf Haftbefehle erlassen

Beamte von BKA, Steuerfahndung und Bundespolizei haben die Deutschen Bank in Frankfurt durchsucht. Gegen 25 Mitarbeiter wird ermittelt, darunter zwei Vorstände.