taz.de -- Kommentar US-Außenpolitik: Die Abzieher

Die Grundidee von Obamas Abzugsplänen: weniger Soldaten, mehr Drohnen. Militärische Mittel werden ein Instrument der US-Außenpolitik bleiben.

Die vorsichtige Andeutung des stellvertretenden nationalen Sicherheitsberaters der USA, womöglich könnten die USA ihre Truppenstärke in Afghanistan nach 2014 auch auf null reduzieren, passt ins Bild, das die außen- und sicherheitspolitischen Pläne Präsident Obamas bislang ergeben. Die Grundidee: Die USA geben ihren Anspruch weltweiter militärischer Dominanz nicht auf, verändern aber die Art, wie sie ausgeübt wird, und sparen dabei noch Kosten. Kürzer gesagt: weniger Soldaten, mehr Drohnen.

In dieses Bild passen auch die bisherigen Nominierungen von John Kerry zum Außen- und von Chuck Hagel zum Verteidigungsminister ebenso wie die von John Brennan zum CIA-Chef. Vietnamkriegsveteranen mit wenig Hang zum militärischen Truppeneinsatz die Ersteren, Architekt des ausgeweiteten Drohnenkriegs der Letztere. „The Disengagers“, etwa: die Abzieher, nennt das Magazin Foreign Policy die außenpolitische Kombi.

Ein schnellstmöglicher Truppenabzug aus Afghanistan, wie ihn Obama ohnehin predigt, ist populär in den USA. Zumindest bis zum Schluss von Obamas Amtszeit Ende 2017 wird wohl kein neuer Bodentruppeneinsatz der USA irgendwo auf der Welt erfolgen.

Daraus allerdings zu schließen, Obama werde sich den Friedensnobelpreis doch noch redlich verdienen, wäre absurd: Militärische Mittel werden ein permanentes Instrument der US-Außenpolitik bleiben. Wer hört, wie die US-Engagements in El Salvador in den 1980ern und Kolumbien in den 1990ern als Vorbild genannt werden, der mag sich erinnern, dass das nur für die USA „Kriege niederer Intensität“ waren, nicht aber für die betroffenen Bevölkerungen.

Ist das nun trotzdem besser als die Kriegslust der Neokonservativen mit ihren Profiteuren im militärisch-industriellen Komplex, der Söldner- und der Ölbranche? Aus US-Sicht auf jeden Fall. Zumindest intelligenter.

9 Jan 2013

AUTOREN

Bernd Pickert

TAGS

USA
Schwerpunkt Afghanistan
Militär
Truppenabzug
Barack Obama
Barack Obama
Schwerpunkt Afghanistan
Drohnen
USA
Drohnenkrieg
Joachim Gauck

ARTIKEL ZUM THEMA

US-Verteidigungsminister in spe: Chuck Hagel auf dem Grill

Die Republikaner gehen Barack Obamas Kandidaten für das Pentagon hart an. Chuck Hagel wehrt sich acht Stunden lang, sieht aber nicht gut aus.

Obamas Amtseinführung: „I have a dream – I have a drone“

Der zweite Amtsantritt Barack Obamas wird deutlich weniger euphorisch ausfallen. Linke und rechte Gegendemonstranten machen Stimmung.

Raus aus Afghanistan: Glücklicher unter den Taliban

Viele Afghanen kehren ihrem Land schon jetzt den Rücken. Auch Diplomaten und Minister sichern sich Unterkünfte im Ausland.

Drohnen-Testflug über Deutschland: Größer als ein Passagierflugzeug

In Oberbayern startete der Testflug von Europas größter Drohne. Das unbemannte Flugzeug kann mittels Sensoren Radarstrahler und Kommunikationssender aufspüren.

US-Soldaten in Afghanistan: Rückzug nicht ausgeschlossen

Über zehn Jahre dauert der Krieg in Afghanistan. Jetzt deuten die USA zum ersten Mal an, dass sie sich aus dem Land völlig zurückziehen könnten.

Waffen ohne menschliche Kontrolle: Der Aufstieg der Maschinen

Wer ist Freund? Wer wird getötet? Das könnten in Zukunft Roboter statt Soldaten entscheiden. Nur: Wer ist verantwortlich, wenn sie falsche Ziele treffen?

Gauck in Afghanistan: Besuch bei „Mutbürgern in Uniform“

Kurz vor den Feiertagen besucht Bundespräsident Joachim Gauck überraschend deutsche Soldaten in Afghanistan. Er will dort die Truppe moralisch unterstützen.