taz.de -- Vor der Parlamentswahl in Israel: Netanjahu schließt Räumungen aus

Im Fall einer Wiederwahl will Israels Ministerpräsident Netanjahu keine jüdischen Siedlungen im Westjordanland auflösen. In Umfragen ist sein Vorsprung geschrumpft.
Bild: Big Bibi is watching you: Netanjahu grüßt das Westjordanland vom Wahlplakat.

JERUSALEM/TEL AVIV afp/dpa | Vier Tage vor der Parlamentswahl in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu angekündigt, im Falle eines Siegs keine jüdischen Siedlungen im Westjordanland aufzulösen. In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der israelischen Zeitung Maariv antwortete Netanjahu auf die Frage: „Können Sie versprechen, dass während der nächsten vier Jahre keine Siedlung aufgelöst wird?“ mit „Ja“.

„Die Tage, an denen Planierraupen Juden entwurzelten, liegen hinter uns, nicht vor uns“, fügte der Ministerpräsident hinzu. „Unsere Bilanz beweist das.“ Schließlich habe seine Regierung keine Siedlungen aufgelöst, sondern sie ausgeweitet. „Niemand muss mir Lektionen erteilen hinsichtlich der Liebe zu Erez Israel (Land Israels) oder des Einsatzes für den Zionismus und die Siedlungen“, sagte Netanjahu.

Damit spielte er auf die religiös-nationalistische Partei Jüdisches Haus von Naftali Bennett an, die den Siedlungsbau im Westjordanland beschleunigen will. Umfragen zufolge kann sie bei der bevorstehenden Wahl auf Kosten von Netanjahus Wahlliste aus Likud und Unser Haus Israel Sitze hinzugewinnen.

Bei den Wahlen am Dienstag kann Likud-Chef Netanjahu allerdings damit rechnen, mit seinen Verbündeten erneut die Mehrheit in der Knesset zu erringen. Zwar ist der Vorsprung des rechts-religiösen Lagers Umfragen zufolge leicht geschrumpft. Dennoch dürfte es auch im kommenden Parlament eine siedlerfreundliche Mehrheit rechts von der politischen Mitte geben.

Eine am Freitag von der Zeitung Haaretz veröffentlichte Umfrage ergab für das rechts-nationalistisch-religiöse Lager 63 der 120 Knessetsitze. Parteien der politischen Mitte und links davon sowie der arabischen Minderheit kämen demnach gemeinsam auf 57 Sitze. Auch Umfragen anderer Meinungsforschungsinstitute zeigten ein ähnliches Bild auf.

Regierungslager mit relativen Verlusten

Stärkste Kraft mit 32 Sitzen würde der Umfrage zufolge die gemeinsame Liste Likud-Beteinu unter Leitung von Netanjahu und Ex-Außenminister Avigdor Lieberman. Netanjahu könnte dann auch damit rechnen, vom Präsidenten erneut mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. Allerdings würde dies Ergebnis einen Verlust von zehn Sitzen im Vergleich zur jetzigen Mandatsverteilung bedeuten.

Mit 17 Sitzen würde die sozialdemokratische Arbeitspartei unter Führung von Shelly Jachimowich auf Platz zwei landen. Sie hat eine Koalition mit Netanjahu ausgeschlossen. Drittstärkste Kraft würde Das Jüdische Haus, Naftali Bennett kann auf 14 Mandate hoffen. Die Schas-Partei strengreligiöser orientalischer Juden käme auf zwölf Sitze und wäre ein weiterer potenzieller Koalitionspartner Netanjahus. Die ebenfalls religiöse UTJ-Partei käme auf fünf Mandate.

Der liberalen Jesch Atid-Partei des früheren Fernsehjournalisten Jair Lapid werden zwölf Mandate zugetraut. Er hat einen Eintritt in eine Regierung Netanjahu nicht völlig ausgeschlossen. Die frühere Außenministerin Zipi Livni mit ihrer Neugründung Hatnua (Bewegung) landet nach dieser Umfrage bei acht Sitzen. Die bisher größte politische Kraft im Parlament, Kadima, würde sogar auf nur noch zwei Mandate abstürzen. Die drei arabischen Parteien könnten zusammen zwölf Mandate erringen.

Die Zahl der noch unentschiedenen Wähler wurde mit 15 Prozent angegeben. Freitag war der letzte Tag, an dem vor der Wahl noch Umfragen veröffentlicht werden durften.

18 Jan 2013

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