taz.de -- Kommentar US-Einwanderungsrecht: Und jetzt die Papierlosen!
Obama hat den Wählerauftrag, das Einwanderungsrecht zu reformieren. Doch ohne die Republikaner geht nichts – und die sind tief gespalten.
Die rund elf Millionen papierlosen EinwandererInnen in den USA sind die Stützen ganzer Branchen der Volkswirtschaft. Sie zahlen Steuern und sie haben Familien. Bloß Rechte haben sie nicht: Sie dürfen nicht wählen. Sie bekommen oft nicht einmal den (erbärmlichen) Mindestlohn. Sie haben keinerlei Möglichkeit, ihre Aufenthaltssituation zu verändern. Und sie können jederzeit von der Polizei aufgegriffen und abgeschoben werden.
Alle PolitikerInnen, die in den vergangenen Jahren in den USA versucht haben, diese Ausgrenzung von fast vier Prozent der Bevölkerung mit einer Einwanderungsreform zu beenden, sind gescheitert. Das gilt sowohl für Barack Obama in seiner ersten Amtszeit, als auch für seinen Amtsvorgänger George W. Bush.
Jedes Mal konnten sich jene Kräfte durchsetzen, die höhere Grenzanlagen, zusätzliche Polizei und mehr Abschiebungen für Einwanderungspolitik halten. Jedes Mal siegte die Ideologie über den Realismus. Dabei ist ein Fakt in der US-Debatte bis heute untergegangen: Dass nämlich zahlreiche ImmigrantInnen überhaupt erst in die USA gekommen sind, nachdem ihre heimischen Arbeitsplätze durch Freihandelsabkommen und massive Importe aus den USA zerstört worden waren.
Das gilt ganz besonders für Mexiko, woher die meisten Papierlosen in den USA stammten, und wo mit dem Inkrafttreten des Abkommens „Nafta“ im Januar 1994 weite Teile der kleinen Landwirtschaft – insbesondere des Mais-Anbaus – zusammengebrochen sind.
Die zurückliegenden Präsidentschaftswahlen können den längst überfälligen Wendepunkt im Umgang mit Papierlosen in den USA markieren. Denn im November haben die legal in den USA lebenden und wahlberechtigten EinwandererInnen aus Lateinamerika und aus Asien der republikanischen Partei eine schallende Ohrfeige erteilt. Fast drei Viertel von ihnen haben demokratisch gewählt. Für Präsident Obama ist das Chance und Verpflichtung zugleich.
Er weiß, dass er seinen WählerInnen eine umfassende Einwanderungsreform schuldet. Und dass sie zugleich eine reale politische Möglichkeit geworden ist. Denn zumindest die Spitze der republikanischen Partei hat im November kapiert, dass sie in Zukunft keine Wahl mehr mit einer Politik gegen EinwandererInnen gewinnen kann.
Bis zum Novemer leistete die Partei sich mit Mitt Romney einen Kandidaten der die „Selbst-Deportation“ vorschlug. Seither schickt sie ihre Latinos vor und lässt die eine neue Einwanderungspolitik – inklusive Legalisierung - entwickeln. Diese neuen Erkenntnisse der republikanischen Spitze können Präsident Obama helfen, zumindest in der Einwanderungspolitik eine Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien hinzukriegen.
Doch eine Garantie für einen Erfolg sind sie nicht. Denn die republikanische Partei ist tief gespalten. Zwischen dem Pragmatismus ihrer Spitze und der ideologisch radikalisierten Basis liegen Welten. An der republikanischen Basis bestimmen weiterhin die wütenden, weißen Männer den Ton.
30 Jan 2013
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