taz.de -- Kommentar Israelischer Angriff in Syrien: Raketen gegen Raketen
Mit dem Angriff auf einen Hisbollahkonvoi in Syrien zeigt Benjamin Netanyahu Stärke. Und er schickt eine Warnung an Iran.
Während der blutigen Eskalation der letzten zwei Jahre hatte Israel sich aus dem Konflikt in Syrien herausgehalten. Mit gutem Grund: Ein offenes Eingreifen würde die Lage nur weiter verschärfen und dem Assad-Regime vielleicht sogar einen Vorwand liefern, von seiner eigenen und selbstverschuldeten innenpolitischen Misere abzulenken. Auch könnte eine israelische Intervention die Gefahr einer Eskalation und Ausweitung des syrischen Bürgerkrieges über die Grenzen des Landes hinweg erzeugen.
Und nun sollen diese Gründe nicht mehr gut genug sein? Zwar hat Israel es nicht zugegeben, der Libanon will von nichts wissen und in Damaskus ist die Rede von etwas ganz anderem: Israel habe unweit der syrischen Hauptstadt ein Forschungszentrum bombardiert. In arabischen und amerikanischen Medien hingegen ist die Rede von einem [1][Angriff] in der Nähe der syrisch-libanesischen Grenze, auf einen Konvoi, der Flugabwehrraketen der Hisbollah aus Syrien in den Libanon transportieren sollte.
Israels gerade wiedergewählter Premier [2][Benjamin Netanyahu] spielt mit dem Feuer, noch bevor er ernsthaft Koalitionsverhandlungen aufgenommen hat. Um sich als „hart, entschlossen und durchsetzungsfähig“ zu demonstrieren, braucht er den Angriff nicht zuzugeben, in Israel glaubt man ihm auch so. Anderswo aber hat er sich damit in Erinnerung gebombt: Denn es war still geworden um die israelische Militärdrohung gegen den Iran.
Jetzt aber zeigt sich Jerusalem zum Handeln entschlossen. Heute gegen Hisbollah und bestimmte Ziele in Syrien. Und morgen gegen den Iran? Nachvollziehbar, dass Israel unwohl ist beim Gedanken, dass die Hisbollah beim nächsten Konflikt mit hochmodernen Raketen weit in sein Territorium hineinschießen kann. Mindestens ebenso unwohl sollte aber auch denen sein, die jetzt in Washington, Brüssel und Berlin schweigen.
31 Jan 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Vor allem Zivilisten sind unter den Opfern. Mittlerweile sind im Syrien-Konflikt fast 70.000 Menschen umgekommen. Die Vereinten Nationen fordern Konsequenzen.
Der israelische Sicherheitsexperte Ganor über Gefahren, die von Chemiewaffen-Labors und anderen Rüstungsschmieden in Syrien ausgehen.
Syrien und der Iran drohen Israel mit Vergeltung nach einem Luftangriff. Die UN zeigt sich besorgt – Jerusalem selber äußert sich weiterhin nicht zum Vorgang.
Wollte die Luftwaffe ein syrisches Chemiewaffen-Labor oder einen Konvoi mit Kriegsgerät für die Hisbollah im Libanon treffen? Das Ziel ist nach wie vor unklar.
Komission des UN-Menschenrechtsrats fordert sofortiges Ende der Besatzungspolitik. Die Regierung in Jerusalem verweigert Kooperation.
Israelische Kampfjets haben laut USA einen mit Waffen beladenen Konvoi bombodiert. Syrien behauptet, ein militärisches Forschungszentrum sei angegriffen worden.
1,5 Milliarden Dollar benötigen UN-Organisationen für Flüchtlings- und Nothilfe in Syrien. Doch niemand zahlt: Bislang sind erst 50 Millionen Dollar zugesagt.
Syrische Regierungstruppen sollen in Homs ein Massaker unter Zivilisten angerichtet haben. Gleichzeitig verschärfen sich die Kämpfe zwischen Regime und Kurden.