taz.de -- Exzessiv Ausnahmen gewährt: Nicht alle zahlen für die Energiewende

Ausgerechnet der Bremer „Weser Kurier“ ist von der Umlage für die erneuerbaren Energien befreit. Die Stahlwerke hingegen sollen gequält werden.
Bild: Könnten Opfer von Altmaiers EEG-Novelle werden: Die Bremer Stahlwerke sollen künftig auch für ihren selbst produzierten Strom zahlen, während ihr Hamburger Pendant befreit ist.

BREMEN taz | Eine „falsche Debatte“ sei das, sagt Bremens Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne). Die FDP und der CDU-Umweltminister Peter Altmaier erweckten den Eindruck, dass die Förderung erneuerbarer Energien zu teuer werde für den Bürger. Konkret „droht“ im Herbst die neuerliche Erhöhung der Abgabe für die Förderung von Windkraft- und Solaranlagen um zwei Cent pro Kilowattstunde – das würde die Stromrechnung eines Durchschnittshaushalts um rund vier Euro im Monat belasten. Heizkosten und Benzinpreise stiegen deutlich stärker, sagt Lohse.

Während SPD und Grüne bundesweit durchaus andere Akzente setzen, wenn sie versuchen, den „Angriff auf die Energiewende“ abzuwehren, sind sich Bremens Koalitionäre einig: Schon die Debatte um die Kürzung der Förderung bedeutet für die Investoren der Windenergie-Branche eine zusätzliche „Verunsicherung“, das hat Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) in Berlin dem Bundesumweltminister erklärt.

Die Grünen haben bundesweit die Liste der Ausnahmen von der EEG-Umlage ins Visier genommen, die Jahr für Jahr ausgeweitet wird. Eigentlich sollten Unternehmen, die viel Strom verbrauchen und viel exportieren, nicht auf dem Weltmarkt Nachteile durch die deutsche EEG-Sonderumlage haben, so die Idee.

De facto sind aber in Bremen wie in Hamburg etwa die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe von der Umlage befreit. Die Grünen verweisen darauf, dass Schlachthöfe und Geflügelmäster ausgenommen sind, darunter auch der Bremer Tierfutter-Firma „Hansa Landhandel Lahde“.

Bundesweit einmalig dürfte die Befreiung der Bremer Tageszeitungen-AG sein, in der die Bremer Lokalzeitung Weser Kurier erscheint. Über die Gründe der Befreiung einzelner Firmen gibt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das mehr als 1.500 Unternehmen „befreit“ hat, keine Auskunft. Klar ist: Jeder Euro, der den „Großen“ erlassen wird, muss bei den kleinen Zahlern eingesammelt werden.

In Hamburg gehört zum Beispiel die die Abfall-Verwertungs-Gesellschaft zu den Befreiten oder das Stahlwerk von Arcelor Mittal. Das Bremer Stahlwerk hat dagegen gar keinen Antrag gestellt, weil es im Wesentlichen selbst produzierten Strom verbraucht.

Die Liste der Kürzungen der EEG-Umlage, die Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler am Donnerstag den Umweltministern überraschend vorgelegt haben, sieht für die Bremer Stahlwerke eine kleine Bösartigkeit vor, die diese „mit Sorge“ betrachten: Wer selbst produzierten Strom nutzt, soll künftig trotzdem die EEG-Umlage zahlen. Das würde auch die treffen, die Solar-Anlagen auf dem Dach haben.

Während Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz unter dem Wahlkampf-Gesichtspunkt „bezahlbarer Strom ist wichtig“ der CDU Verhandlungsbereitschaft signalisiert, hat seine Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) Hamburgs Interessen als „Hauptstadt der Windenergie“ unterstrichen. Wenn Bund und Länder bis zum 21. März einen Kompromiss aushandeln, werden Länderinteressen ins Gewicht fallen.

Über die EEG-Umlage werden 18 Milliarden Euro zwischen den Ländern umverteilt – mehr als doppelt so viel wie beim Länderfinanzausgleich. Aus Bayern etwa fließen 1,2 Milliarden weniger in den EEG-Topf als bayerische Firmen daraus erhalten – daher tritt Bayern als Lobbyist der EEG-Vergütung für Solar-Anlagen auf.

17 Feb 2013

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Klaus Wolschner

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