taz.de -- Emissionshandel liegt auf Eis: Koalitionsstreit blockiert Klimafonds

Die schwarz-gelbe Regierung kann sich nicht über die Aufteilung der Mittel aus dem Klimafonds einigen. Zentrale Klimaschutzprojekte sind deshalb gefährdet.
Bild: Kraftwerke mussten zuletzt kaum noch etwas für ihre Emissionen zahlen.

BERLIN taz | Der Fonds soll eigentlich das Herzstück der Klimapolitik der Bundesregierung sein: Aus dem Energie- und Klimafonds werden Effizienzprogramme, etwa für Gebäudesanierung, ebenso finanziert wie der Ausbau der Elektromobilität oder der deutsche Beitrag zu internationalen Klimaschutzprogrammen. Doch diese Vorhaben sind akut gefährdet.

Denn der Fonds speist sich nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus den Einnahmen des Emissionshandels, bei dem Unternehmen für die Ausstoß von Kohlendioxid Zertifikate erwerben müssen. Deren Preis ist massiv gefallen – von 17 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2011 auf derzeit knapp 5 Euro.

Die Bundesregierung ging in der Finanzplanung für 2013 noch von einem Preis von 10 Euro aus. Nun drohen dem Fonds massive Einnahmeausfälle: Statt geplanter 2 Milliarden Euro dürfte ihm dieses Jahr weniger als 1 Milliarde zur Verfügung stehen.

Doch selbst dieses Geld liegt nun auf Eis, weil die Regierung sich nicht über die Aufteilung der Mittel einigen kann. Von Jahresanfang bis Mitte Februar seien nur 30 Millionen Euro für Projekte ausgezahlt worden, erklärt das Finanzministerium auf eine Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt. Das entspricht 1,5 Prozent des geplanten oder 3 Prozent des realen Jahresbudgets. „Derzeit laufen noch regierungsinterne Beratungen zur Mittelzuweisung für das Wirtschaftsjahr 2013“, schreibt Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) zur Begründung.

„Ein schlechter Witz“

Grünen-Haushälter Sven Kindler hält das für skandalös. „Die Bundesregierung fährt die Finanzierung der Energiewende voll gegen die Wand“, sagte er der taz. Allein für das bestehende Gebäudesanierungsprogramm seien für das erste Quartal 40 Millionen Euro nötig. Dass nun für alle Projekte zusammen nur 30 Millionen freigegeben wurden, sei „ein schlechter Witz“.

Das für die Gebäudesanierung zuständige Verkehrsministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Das Bundesumweltministerium bestätigte, dass noch über die Mittel verhandelt werde. Man hoffe auf eine baldige Lösung, sagte ein Sprecher.

Zu den Opfern der Blockade gehört auch ein neues Förderprogramm für Solarstrom-Speicher. Die Antragsunterlagen dafür, die bereits auf der Webseite der Förderbank KfW standen, wurden dort mittlerweile wieder entfernt.

20 Feb 2013

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

TAGS

Emissionshandel
Koalition
Schwerpunkt Angela Merkel
Emissionen
Stromkosten
Erneuerbare Energien
Emissionen
USA
Schwerpunkt Klimawandel
Energiewende

ARTIKEL ZUM THEMA

Hü und hott beim Emissionshandel: Altmaier und Merkel uneins

Die Kanzlerin will den Handel mit Verschmutzungsrechten nicht verschärfen, ihr Umweltminister schon. Einen Widerspruch sieht er darin nicht.

Klimaschutz: Billige Kohle, mehr CO2

931 Millionen Tonnen Treibhausgase wurden 2012 in die Luft geblasen – 1,6% mehr als 2011. Der Umweltminister zeigt sich „bedrückt“, stellt aber keine Gegenmaßnahmen vor.

Streitgespräch Strompreise: „Nicht nachvollziehbare Horrorzahlen“

Eine Billion Euro für die Energiewende? Das glauben weder Energielobbyist Stephan Kohler noch der Grüne Hans-Josef Fell.

Altmaier beziffert Kosten: Energiewende für eine Billion Euro

Bundesumweltminister Altmaier fürchtet, die Energiewende könnte bis zu eine Billion Euro kosten. Deshalb sollen Branchen wie der Kohlebergbau mehr zahlen.

Emissionshandel: Showdown für EU-Klimaschutz

CO2-Zertifikate sind Schnäppchen für Firmen. Das EU-Parlament möchte dem Preisverfall eine Reform entgegensetzen und muss mit Widerstand rechnen.

Obamas zweite Amtszeit: Wird er endlich green?

Die erste Amtszeit des US-Präsidenten war in Sachen Klimaschutz eine Enttäuschung. Ab sofort, kündigt Obama an, will er das ändern.

Kommentar EU-Emissionshandel: Wirtschaftlicher Klimaschutz

Unternehmen streiten untereinander über den Emissionshandel. Die EU muss jetzt den Preis für Klimagase stützen – sonst macht sie sich lächerlich.

EU-Emissionshandel: Kampf der Stromgiganten

Einige der größten Energieversorger wollen weiterhin mehr Geld für den Ausstoß von Klimagasen zahlen – entgegen den Interessen ihrer Industriekunden.

Altmaier und Rösler zur Energiewende: Zwei, die Öko-Engel mimen

Bei der Energiewende bemühen sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium nach außen um Frieden. Und vertagen alle Streitfragen.