taz.de -- Netzaktivist in Syrien: Seit einem Jahr in Haft
Vor einem Jahr verhaftete das syrische Regime den Software-Entwickler Bassel Khartabil. Mit einem weltweiten Aktionstag fordern Aktivisten seine Freilassung.
Er ist einer von Tausenden, die in syrischen Gefängnissen sitzen, aber eins der wenigen bekannten Gesichter des Aufstands gegen Baschar al-Assad. Vor genau einem Jahr, am 15. März 2012, verhafteten Sicherheitskräfte des syrischen Regimes den Netzaktivisten und Software-Entwickler Bassel Khartabil. Seitdem sitzt der 31-Jährige in Haft. Kontakt zur Außenwelt hat er kaum.
Zum ersten Jahrestag seines Verschwindens und dem gleichzeitigen zweiten Jahrestag des Ausbruchs des syrischen Aufstands am 15. März 2011 haben Aktivisten den Free-Bassel-Day ausgerufen, um auf das Schicksal Khartabils aufmerksam zu machen.
Laut der Menschenrechtsorganisation [1][Amnesty International] wurde Khartabil in Damaskus verhaftet und später an ein Militärgericht übergeben. Informationen, wo er festgehalten wurde, drangen nur über Umwege – etwa über Mithäftlinge – an die Außenwelt. Auch seiner Familie wurde der Kontakt zu Khartabil verwehrt.
Mitarbeit an Firefox
Dass Khartabil nicht wie andere Aufständische in der Anonymität versinkt, verdankt er vor allem Unterstützern im Netz. Im Juli vergangenen Jahres starteten Aktivisten die Kampagne „Free Bassel“. Auch Menschenrechtsorganisationen wie [2][Human Rights Watch] und Amnesty International wurden auf Khartabil aufmerksam und fordern seine Freilassung.
Der Sohn palästinensischer Flüchtlinge in Syrien hatte sich auf die Entwicklung von freier Software spezialisiert. Unter anderem soll er an Programmen wie Mozilla Firefox beteiligt gewesen sein. Auch an dem Online-Lexikon Wikipedia habe er mitgearbeitet, heißt es auf der [3][Website der Kampagne Free-Bassel]. Das US-amerikanische Magazin [4][Foreign Policy] listete Khartabil als Nummer 19 der hundert 100 einflussreichsten Denker des Jahres 2012.
„Die Verhaftung Bassel Khartabils und seine andauernde Haft stehen in direktem Zusammenhang mit seinem Einsatz für Informations- und Meinungsfreiheit", schreibt die Menschenrechtsorganisation [5][Gulf Center For Human Rights]. Dass dieser Einsatz in Syrien nicht ungefährlich war, war Khartabil bewusst. Nur wenige Wochen vor seiner Festnahme twitterte er: „Menschen, die in echter Gefahr sind, verlassen ihr Land nie. Es gibt Gründe, warum sie in Gefahr sind und deshalb gehen sie nicht."
Freunde Khartabils in Berlin
Im Rahmen des Free-Bassel-Days sowie des zweijährigen Jubiläums des Ausbruchs des Aufstands in Syrien haben Aktivisten weltweit zu [6][//etherpad.mozilla.org/freebasselday:Protestaktionen] aufgerufen, um unter anderem die Freilassung Khartabils zu fordern. In Berlin soll eine [7][Gesprächsrunde mit Freunden Khartabils] stattfinden.
Khartabil ist einer der wenigen syrischen Aktivisten in Haft, die weltweit bekannt wurden. Nach Informationen von [8][Reportern ohne Grenzen] sind seit Beginn des Aufstands Dutzende Journalisten, Bürgerjournalisten und Netzaktivisten verhaftet und teilweise getötet worden. Derzeit befänden sich 22 Journalisten und 18 Netzaktivisten in Haft. Menschenrechtsorganisationen haben dem syrischen Regime wiederholt vorgeworfen, Häftlinge zu foltern.
15 Mar 2013
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