taz.de -- Syrer in Deutschland: Flüchtlinge in die Bundesrepublik

Politiker fordern eine Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in Deutschland. Innenminister Hans-Peter Friedrich will derweil den Abschiebungsstopp verlängern.
Bild: Immer mehr Flüchtlingen aus Syrien gelingt die Einreise nach Deutschland

BERLIN afp/epd | Die Grünen verlangen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Einreise von syrischen Flüchtlinge zu erleichtern, die Familienangehörige in der Bundesrepublik haben. Zuvor hatten auch Oppositionspolitiker gefordert, die Aufnahme von Syrern in Deutschland zu erleichtern.

„Ein deutscher Hilfsbeitrag kann und muss eine unbürokratische Familienzusammenführung sein“, sagte die Grünen-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, der Passauer Neuen Presse. Der Innenminister bleibt hart, machte aber am Freitag den Weg für einen bundesweiten Abschiebungsstopp für weitere sechs Monate frei.

„Deutschland bekennt sich auch weiterhin zu seiner Verantwortung gegenüber den Menschen, die hier Schutz gefunden haben“, erklärte Friedrich. Die betroffenen Menschen müssten keine Furcht haben, „in ihr derzeit durch Krieg und Zerstörung gebeuteltes Heimatland ausreisen zu müssen“, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums weiter.

Bund und Länder müssen sich nun verständigen und sollen eine bundeseinheitliche Praxis vereinbaren. Friedrich geht nach Angaben seines Ministeriums davon aus, dass die zuständigen Landesinnenministerien die bestehenden Abschiebestopperlasse nach Syrien zügig verlängern.

Friedrich hatte vor kurzem gesagt, derzeit gingen jeden Monat etwa 1.000 Asylanträge von Syrern ein. Gemeinsam mit Schweden nehme Deutschland derzeit etwa 60 Prozent aller syrischen Flüchtlinge auf, die in die EU kämen.

Nur die „Kernfamilie“

Für eine erleichterte Aufnahme von Flüchtlingen haben sich neben Oppositionsvertretern auch Politiker aus den Reihen von CDU und FDP sowie Hilfsorganisationen und evangelische Kirchen ausgesprochen.

Das UN-Flüchtlingskommissariat hatte bereits im Dezember an den deutschen Innenminister appelliert, den Nachzug von Familienangehörigen aus dem Bürgerkriegsland aus humanitären Gründen zu erleichtern. Nach den Einreisebestimmungen erhält derzeit nur die „Kernfamilie“ – Ehegatten, Lebenspartner sowie minderjährige Kinder – ein Visum für Deutschland.

Das Innenministerium erklärte dazu kürzlich, dass eine Vermischung von humanitären Aufnahmen und der Erteilung von Aufenthaltstiteln zum Zweck des Familiennachzugs aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht möglich sei.

Friedrichs Sprecherin sagte am Freitag, der Minister wolle sich im April zu Gesprächen mit dem UN-Flüchtlingskommissar treffen. Sollte es dazu kommen, dass Deutschland auf Bitten des UNHCR Flüchtlingskontingente aufnimmt, würden dabei sicher auch familiäre Bindungen berücksichtigt, sagte sie.

Syriens Präsident Baschar al-Assad versucht seit März 2011 einen Volksaufstand mit Gewalt niederzuschlagen. Insgesamt sind nach Schätzungen der UN mehr als eine Million Syrer in Nachbarländer geflohen. Etwa 70.000 Menschen kamen in dem Konflikt ums Leben.

Auch nach Deutschland kommen immer mehr Flüchtlinge aus Syrien. Im Januar waren es erstmals mehr als 1.000. Im gesamten Jahr 2012 stellten mehr als 6.000 Syrer einen Erstantrag auf Asyl, das waren mehr als doppelt so viele wie 2011.

15 Mar 2013

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