taz.de -- Kommentar Jagdmunition: Auf der Pirsch in die Moderne

Es ist längst überfällig, dass die Jäger auch ihren Berufstand erneuern und zukunftsfähig machen. Die Umrüstung auf bleifreie Munition gehört dazu.
Bild: Es geht auch ohne Blei.

Schießen mit Blei ist vorbei. Seit heute ist bleihaltige Munition in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Schleswig-Holstein bei Jagden in Staatsforsten verboten. Damit haben die Länder den Streit zwischen Naturschützern und Jägern entschieden. Die staatlichen Jäger können nun zeigen, dass die Vorbehalte gegen bleifreie Munition Jägerlatein sind.

Schrot aus Weicheisen verhält sich anders, tötet aber ebenso, wie Kugeln aus Kupfer oder Zinn töten. Das haben wissenschaftliche Untersuchungen erwiesen. Außer dem mentalen Konservativismus der Jäger spricht nichts gegen bleifreie Munition.

Zu lange haben die Jäger Chancen vergeben, ihren Berufsstand zu modernisieren und den Erfordernissen eines dicht besiedelten Industrielandes im 21. Jahrhundert anzupassen.

Die Jagd ist so alt wie die Menschheit selbst, aber die Gründe, in einem Land wie Deutschland zu jagen, sind außer der puren Lust an der Jagd und dem Sein in der Natur das Bestreben, ein gestörtes ökologisches Gleichgewicht einzudämmen.

Wildschweine sind in bestimmten Gebieten eine Plage, weil sie sich an der Maismonokultur mästen. Natürlich sollen Jäger Wildschweine schießen, aber daraus einen höheren Auftrag abzuleiten ist unwürdig. Ebenso unwürdig ist die Angstmacherei mit Fuchsbandwurm und Tuberkulose von Hirschen.

Mit diesen vorgeblichen Gesundheitsargumenten drücken in Bayern die CSU-Jagdfreunde in Landes- und Regionalregierung den Abschuss von Rothirschen im Wintergatter durch. Das ist keine Jagd, sondern ein Schlachten. Unterstützung in der naturfreudigen Bevölkerung finden die Jäger damit nicht.

Die unumwundene Begrüßung der bleifreien Munition in Zukunft wäre ein Zeichen für den Aufbruch in eine zeitgemäße Jagd.

3 Apr 2013

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Ulrike Fokken
Ulrike Fokken

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