taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Uli kann auch Fifa
Die drei Millionen Euro Steuerhinterziehung sind so etwas von Wurscht – zumal dahinter ein großer Plan steht: Hoeneß will oberster Fußball-Chef werden.
Die beiden großen FCBs – FCB Arcelona gegen FCB Ayern, was für ein Halbfinale! Der FC Bayern schafft es immer wieder, das ganze Land zu polarisieren, genau wie sein Präsident, Uli Hoeneß.
Nun gut, Hoeneß ist unglaubwürdig, cholerisch, läuft immer rot an (ist vielleicht vereinsimmanent, ist bei Heynckes und bei Rolex-Rummenigge das Gleiche), er wirbt Spieler sämtlicher Konkurrenten ab und verkündet das zum ungünstigsten Zeitpunkt, er macht auf Wohltäter, entzieht sich aber dem Allgemeinwesen (Schul- und Kitabau et cetera) durch Steuerhinterziehung, und er hat den entscheidenden Elfmeter bei der EM 1976 verschossen.
Aber bei alldem wird gern übersehen, wie groß das Herz von Uli Hoeneß ist, größer als sein Geldspeicher. Er liebt den Fußball. Und natürlich Aktien. Und Holz. Seinen Börsen-Pager. Sich selbst. Seine Holzhütte am Tegernsee, seine Frau Susi, seine VIP-Lounge in der Allianz-Arena aus rustikalem Zirbelholz, seinen Labrador Kuno, Sauna, Schafkopf, Dortmund fertigmachen, Horst Seehofer/CSU, Dieter Reiter/SPD, Musik von Phil Collins und seine Wurstfabrik in Nürnberg.
Bis zu 4 Millionen fränkische Rostbratwürste werden dort übrigens jeden Tag (!) hergestellt, also circa 1,4 Milliarden (!!) „Original Nürnberger“ und „Mini Bruzzlkracher©“ pro Jahr. Gäbe es auch nur viereinhalb Uli Hoeneße auf der Welt, jeder der 7 Milliarden Erdenbürger könnte theoretisch eine Bratwurst im Jahr geschenkt bekommen. Und gäbe es etwa 1.620 Uli Hoeneße (und entsprechend viele Schweine), dann gäbe es sogar jeden Tag eine Rostbratwurst für ALLE Menschen (egal ob rot oder gelb-schwarz) auf diesem Planeten, und der Welthunger wäre für immer besiegt, das wäre mal ein echter Bruzzlkracher©!
Alles voller Marios
Vor diesem Hintergrund sind doch popelige 3 Millionen Euro Steuerhinterziehung so was von wurscht. Im Übrigen kann ja eigentlich nur eins hinter dieser ganzen sogenannten „Affäre“ stecken: Uli Hoeneß will unbedingt Fifa-Präsident werden. Dass die ganze Geschichte in der Schweiz ihren Ursprung hat, wo bekanntlich die Fifa ihre Heimat hat, kann doch kein Zufall sein.
Hoeneß will den Fifa-Funktionären nur beweisen, dass er alle Tricks drauf hat, die Sepp Blatter (95) seit vielen Jahren auszeichnen – dubiose Millionengeschäfte, Steuerhinterziehung, seltsame Kredite, das volle Programm. Man kann nur hoffen, dass sich die ganzen Vorwürfe wie bei Blatter in Luft auflösen.
Denn man stelle sich vor, Uli Hoeneß käme tatsächlich vor ein Münchner Gericht – dann wird wieder ausgelost, welche Medien dabei sein dürfen: Bussi Bär, Metal Hammer, die St. Pauli Nachrichten, die Titanic, die Löwen-News des TSV 1860, ADAC Motorwelt, Konkret, die Apotheken Umschau, draußen bleiben müssen dagegen die Bild, die Sport Bild, die Auto Bild, Bams, Wams, das FC Bayern Magazin, das Handelsblatt, die Financial Times, Spiegel, Stern, AZ, BZ, GZ/SZ, TZ? Unvorstellbar!
Aber noch ist Hoeneß nicht angeklagt, nicht verurteilt und kauft zurzeit wieder mal neue Spieler für den FC Bayern ein. Und zwar nur solche, die mit Vornamen „Mario“ heißen, damit sich Pep Guardiola neben dem Deutschunterricht nicht mit so Nebensächlichem wie Namen-auswendig-Lernen herumschlagen muss. Nach Mario Gomez und Mario Mandzukic hat er ja schon Mario Götze (Dortmund) verpflichtet, möglicherweise soll auch noch Mario Balotelli (Mailand) kommen, und der Frauenquote wegen auch noch Di Maria aus Madrid. Ein Comeback von Mario Basler (44) gilt dagegen als unwahrscheinlich, aber es gibt Spielerberater, die einen gewissen Robert „Mario“ Lewandowski ins Gespräch bringen.
Und am Ende werden die Leute hoffentlich dem Bayern-Präsidenten ein Denkmal bauen und nicht mehr solche Witze erzählen: „Was ist der Unterschied zwischen Kim Jong Un und Uli Hoeneß? Der eine ist ein brutaler, skrupelloser Diktator und der andere Regierungschef in einem ostasiatischen Land.“
2 May 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nur ein Spiel kann für Fußballtrainer das Aus bedeuten, manchmal reichen aber auch schon zehn Minuten. Den Entlassenen folgen ihre Vorgänger.
In Frankreich rollt der Tour-Tross durch die sommerliche Landschaft. Grund genug um an die dümmsten Doping-Dussel des Radsports zu erinnern.
Der Erlöser ist herniedergekommen. Hunderte Journalisten kleben Pep Guardiola in München an den Lippen, als er einige salbungsvolle Worte spricht. Ein Protokoll.
Mit Würde eine Wurst essen – kaum etwas ist schwieriger. Warum es Politiker trotzdem nicht lassen können, erläutert der Experte Constantin Alexander.
Dem fleischgewordenen Mitlaut Ntlj Tmschtschk hat der FC Bayern alles zu verdanken. In einem Jahr werden alle flehen: Komm bitte zurück, du Rflgsgrnt!
Seine Spitzenämter beim FC Bayern kann Uli Hoeneß vorerst behalten. Aber der Aufsichtsrat will den Steuerhinterziehungsfall „weiterhin beobachten“.
Wer Uli Hoeneß als Steuersünder bezeichnet, der nun gebeichtet habe, verharmlose den Betrug, meint der Jesuit und Sozialethiker Friedhelm Hengsbach.
Die Hexenjagd auf unseren Uli läuft. Aber damit werden sie nicht durchkommen, die Medienlumpen. Der Uli ist nämlich das Opfer einer Kampagne.
Wie es dem Würstchen-Oligarchen Uli Hoeneß gelang, öffentlich als großer Wohltäter dazustehen. Und alle fraßen ihm aus der Hand.
Uli Hoeneß, Bayern-Boss, Moralapostel und Entrepreneur, hat sich wegen Steuerhinterziehung selbst angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat den Fall übernommen.
DKB, SGL, Wirsol: Neue Stadionnamen überall. Und wenn statt für Plastikmännchen für Gummibärchen geworben wird, erklärt das vielleicht so manche Spielweise.
Symbiotische Verbindungen gehören eigentlich ins Tierreich. Doch mittlerweile machen mit Profikickern liierte Dessousmodels dem Madenhacker Konkurrenz.
Im Sport geht das Gänsehaut-Pur-Gefühl um. Deshalb muss der Biathlon-Engel Magdalena Neuner jetzt auch anfangen zu stricken.
Besinnung in der Vorweihnachtszeit? Nicht im Fußball. Hier gibt es Tattoo-Stecher, Prostata-Kontrollen und lästernde Expräsidenten. O du fröhliche.