taz.de -- Barroso über Schuldenkrise: „Vor der eigenen Türe kehren“

EU-Kommissionschef Barroso verteidigt die Kanzlerin gegen Kritik: Es sei nicht Frau Merkels oder Deutschlands Schuld, was in Frankreich oder Portugal passiere.
Bild: Wird von José Manuel Barroso für ihre Politik in der Eurokrise gelobt: Kanzlerin Angela Merkel.

BERLIN afp | EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat das Agieren von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Eurokrise gelobt. Was den „persönlichen, politischen und intellektuellen Einsatz für das europäische Projekt anbelangt“, sei Merkels Rolle „beispielhaft“, sagte Barroso der Welt am Sonntag. Die Kanzlerin investiere dabei viel Zeit und Energie – „ich wünschte, das könnte man von allen Regierungschefs behaupten“, sagte der Portugiese.

Vorwürfe aus anderen Ländern, wonach Deutschland zu sehr auf einer Sparpolitik beharre und so die Krise verschlimmere, wies Barroso zurück. „Es ist nicht Frau Merkels oder Deutschlands Schuld, was in Frankreich oder Portugal passiert.“ Bestimmte Maßnahmen als Zwang eines einzelnen Landes oder einer Institution darzustellen, sei unfair, sagte Barroso. Jeder solle „vor seiner eigenen Türe kehren“.

Barroso verlangte insgesamt mehr „politische Führung“. Jeder Regierungschef müsse seinen Bürgern erklären, was in Europa auf dem Spiel stehe. Dabei müssten Stereotypen vermieden werden, „die letzten Endes versteckte Formen von Nationalismus sind“.

Der Kommissionschef zeigte sich „ausgesprochen dankbar“ für die Haltung der Bundesregierung in der Krise. Merkel sei „eine der, wenn nicht die Führungspersönlichkeit auf europäischer Ebene, die am besten versteht, was gerade passiert“, urteilte er.

4 May 2013

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